Sep 262012
 

Ehe mit Beginn des Jahres 2014 mehr als fünf Jahre in Österreich lebenden Personen gesetzlich ein Bleiberecht eingeräumt wird, können sie noch unbekümmert abgeschoben werden. Und so wurden in den letzten Wochen immer wieder Menschen von zuhause abgeholt, in Schubhaft gesteckt und abgeschoben, Familien wurden und werden auseinandergerissen, Kinder ihrer Mutter oder ihres Vaters beraubt.

Ob, wenn die neue Regelung in Kraft tritt, noch Menschen da sind, die in dessen Genuss kommen können, scheint ungewiss.

Im Frühjahr und Sommer sind Angehörige von Asylwerbenden verstärkt in die Öffentlichkeit getreten. Für 26. bis 28. September 2012 rief die Plattform „Familien und Freund_innen gegen Abschiebung“ zu „Aktionstagen gegen das österreichische FremdenUNrecht“ auf, deren Höhepunkt eine Demonstration vom Marcus-Omofuma-Stein durch den 7. Bezirk zum Parlament am 27. September darstellte, bei der allerdings nur 230 Personen teilnahmen.

Bei einer Pressekonferenz am 26. September legten Unterstützer_innen der Plattform ihre Anliegen dar und riefen zu Engagement auf, Abschiebungen publik zu machen und Abzuschiebende zu beschützen.

Ungeschnittener O-Ton von der Pressekonferenz u.a. mit Ute Bock, Anny Knapp (Asylkoordination), Michael Genner (Asyl in Not), Alexander Pollak (SOS Mitmensch), Alev Korun und Senol Akkilic (Die Grünen) sowie Betroffenen:

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http://cba.fro.at/64251

Weitere Informationen:

http://familienundfreundinnengegenabschiebung.wordpress.com/

https://www.facebook.com/FamilienUndFreundInnenGegenAbschiebung

Bericht von der Demonstration auf no-racism.net: http://no-racism.net/article/4200/

 Posted by on Mi., 26. September 2012 at 17:22
Aug 192012
 

Zum alljährlichen, 1979 von Ayatollah Chomeini ausgerufenen, antizionistischen Al-Quds-Tag marschierten heuer wieder mehr als 300 Personen mit antiisraelischen Transparenten sowie Fahnen von Palästina, Österreich und der Hisbollah durch Wien – bis sich ihnen in der Rotenturmstraße eine Gruppe von rund zwanzig Antifaschist_innen mit Solidarität mit Israel fordernden Rufen und Transparenten in den Weg stellte.

Der Al-Quds-Marsch mit seinen streng getrennten Blöcken – vorne Frauen und Kinder, hinten die Männer – stoppte rund hundert Meter vor der unerwarteten Blockade. Nach einer längeren Nachdenkpause stellte sich eine Reihe Polizist_innen zwischen die feindlichen Demonstrationen. Einer Aufforderung der Polizei, dem angemeldeten Al-Quds-Marsch binnen zwei Minuten den Weg frei zu machen, wurde vorerst nicht nachgekommen. Erst nach verbalem Drängen des Behördenvertreters zogen sich die Antifaschist_innen auf den Stephansplatz zurück.

Auch noch während der Abschlusskundgebung wurde den israelfeindlichen Reden und Parolen Rufe nach Solidarität mit Israel und gegen den Terror der Hamas entgegengehalten. Bei der Polizei sorgte dies für sichtbare Nervosität. Als ein Antifaschist einen Fotoapparat aus dem Rucksack nehmen wollte, wurde er sofort weggezerrt. Nach Durchsuchung seiner Taschen durfte er aber wieder zur Antifakundgebung zurück.

Ursprünglich war von Antifaschist_innen lediglich zu einer Kundgebung gegen den Al-Quds-Tag am Graben aufgerufen worden. Einige der rund 50–70 Teilnehmer_innen schienen sich aber dann doch nicht mit bloß stillem Protest in sicherer Entfernung zufriedengeben zu wollen.

Gegen den Al-Quds-Tag zu protestieren, bedeute nicht nur gegen den Islamismus auf die Straße zu gehen, sondern auch gegen die stillschweigende Mehrheit, die Antisemitismus als respektable Meinung durchgehen lasse, erklärte das Bündnis gegen den Al-Quds-Tag in seinem Aufruf. Der Al-Quds-Tag, der „Tag zur Befreiung Jerusalems von der zionistischen Besatzung“, womit letztlich die Zerstörung Israels gemeint sei, so das antifaschistische Bündnis, wird weltweit von Anhänger_innen der islamischen Revolution begangen.

>>Aufruf des Bündnisses gegen den Al-Quds-Tag Wien: http://noalqudsvienna.wordpress.com/2012/08/02/gegen-den-al-quds-tag/

>>Aussendung von Stop the Bomb zum Al-Quds-Tag: http://at.stopthebomb.net/de/presse/presse/article/stop-the-bomb-kritisiert-schweigen-zu-antisemitischem-quds-marsch.html

 Posted by on So., 19. August 2012 at 17:50
Aug 172012
 

Nachdem sich am frühen Nachmittag eine Verurteilung der drei in Russland angeklagten Pussy-Riot-Aktivist_innen abgezeichnet hatte, entwickelte sich ein als Abfolge von Straßentheateraktionen geplanter Informationsumzug durch die Wiener Innenstadt am 17. August unerwartet zur größeren Solidaritäts- und Protestdemonstration mit anfänglich fast 150 Teilnehmer_innen.

Am Minoritenplatz, Michaelerplatz, Graben, Stock-im-Eisen-Platz und in der Kärntner Straße wurde ein Fernsehinterview mit Pussy-Riot-Aktivist_innen nachgespielt.

Am Stock-im-Eisenplatz löste sich eine Gruppe vom Umzug und begab sich in den Stephansdom. Dort zogen sich die Aktivist_innen bunte Balaklavas über die Köpfe, entrollten zwei Transparente und skandierten „Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat“ sowie „Free Pussy Riot“. Nach vielleicht 30 Sekunden wurden sie aus der Kirche gedrängt. Polizei kam keine zum Einsatz. Es gab keine Festnahmen.

Bereits am Mittwoch war in der russisch-orthodoxen Kathedrale zum heiligen Nikolaus in Wien 3 von unbekannten Aktivist_innen in Pussy-Riot-Outfit ein Transparent „God loves Pussy Riot, Free Pussy Riot“ entrollt worden.

O-Töne:

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Hintergrundinfos:
freepussyriot.org

 Posted by on Fr., 17. August 2012 at 20:49
Jul 292012
 

Freigesprochen vom Vorwurf der Brandstiftung an einem AMS-Gebäude in Wien 5 wurden am 27. Juli die in der #unibrennt-Bewegung und in antirassistischen Szenen aktiven J., A., I. und B.

Ursprünglich war ihnen sogar terroristische Vereinigung vorgeworfen worden. Im Sommer 2010 hatten sie deshalb bereits mehrere Wochen in Untersuchungshaft verbringen müssen.

Im Gegensatz zur Staatsanwältin befand der Schöffinnen_senat, dass die in dem nach dem Anschlag veröffentlichten Bekenner_innenvideo zu sehenden Personen nicht erkennbar seien. Die Logfiles des Internetproviders lassen keinen Schluss darauf zu, dass von einem der Angeklagten das Video upgeloadet worden sei. Und die Rufdatenauswertung belege auch keineswegs, dass sich die Angeklagten zur Tatzeit am Tatort befunden haben.

Anträge von Angeklagten und Verteidigerin, die ermittelnden Beamt_innen von Landes- und Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung sowie die Innenministerin als Zeug_innen zu befragen, wurden vom Senat abgewiesen. Dadurch konnte nicht wie erhofft, die Kriminalisierungsstrategie der Behörden offengelegt werden. Und so erfolgten die Freisprüche auch nur „im Zweifel“.

Die Staatsanwältin behielt sich vor, Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Freispruch von J, I. und B. einzulegen. Deren Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig.

>>Ausführlicher Bericht auf http://fightrepression2010.lnxnt.org/?p=434

An einer Antirepressionsdemo am Abend des 27. Juli, die von der Uni Wien über das Landesgericht für Strafsache zum Karlsplatz führte, nahmen 105 Personen teil. Damit sollte auch verdeutlicht werden, dass die Versuche der Kriminalisierung von JAIB kein Einzelfall seien, sondern Teil einer Strategie, die auch im Prozess gegen Tierrechts- und Tierbefreiungsaktivist_innen und in der Anklage eines NoWKR-Demonstranten wegen angeblichen tätlichen Angriffs auf einen Beamten deutlich wurde.

Der Prozess gegen den Antifaschisten Ot., der am Abend des WKR-Balls einen Fotografen vor Angriffen eines Rechtsextremisten durch Drohgebärden schützen wollte, und nun wegen tätlichen Angriffs auf einen Beamten angeklagt ist, wurde am 27. Juli neuerlich vertagt.

 Posted by on So., 29. Juli 2012 at 21:52
Jul 292012
 

Nachdem sie befanden, dass die „Scheißmieten“ zu hoch seien, riefen Aktivist_innen für den 21. Juli 2012 zu einem Protestspaziergang durch den zweiten Bezirk ein. Zwar gebe es hier noch Grätzel, die etwas billiger seien, doch auch diese werden nach und nach „aufgewertet“ und somit für die Bewohner_innen nicht mehr leistbar. Die Route führte vom wegen der Verbauung mit einem Sängerknabenkonzerthaus umkämpften Augartenspitz zu einem Haus in der Mühlfeldgasse, das derzeit mit miesen Tricks „bestandsfrei“ gemacht werden soll, in dem sich auch noch die als selbstverwalteter Raum genutzte „PizzeriA“, „PizzAria“ oder „Pizzeria Anarchia“ oder wie sie jetzt auch heißen mag, befindet. (Infos zu diesem Projekt: http://pizza.noblogs.org)

Zirka 50 Menschen beteiligten sich an dem Protestspaziergang, der der erste einer ganzen Reihe ähnlicher sein soll. Der nächste soll am 18. August stattfinden. Wo, steht noch nicht fest.

 Posted by on So., 29. Juli 2012 at 21:47
Jul 292012
 

Während von 1. bis 19. Juli Aktivist_innen aus verschiedenen afrikanischen und europäischen Ländern im Rahmen der Aktion „boats for people“ zwischen Sizilien, Tunesien und Lampedusa unterwegs waren, um unter dem Motto „Stoppt das Sterben von Migrant_innen auf See – für Freiheit und Solidarität im Mittelmeerraum“ ein Zeichen gegen das EU-Grenzregime zu setzen, wurde für 13. Juli in mehreren europäischen Städten ein Aktionstag organisiert. In Wien demonstrierten rund 150 Personen vom Haus der EU in der Wipplingerstraße zum Parlament. Vor dem Parlament wurde vor einem aufgestellten Stück Stacheldraht und einem menschenleeren Schlauchboot eine Liste von 16.264 Menschen entrollt, die in den Jahren 1993 bis 2012 aufgrund der EU-Flüchtlingspolitik zu Tode gekommen waren, entrollt. Nachdrücklich wurde auch die österreichische Beteiligung an der Menschenjagd thematisiert und eine Kündigung des Dublin-II-Abkommens gefordert.

Zu Wort meldeten sich auch mehrere Flüchtlinge aus Tschetschenien, die, wenn sie wie viele vor ihnen, abgeschoben werden, mit ihrer Ermordung rechnen müssen.

>>Infos zu boats für people: http://www.boats4people.org

>>Die vollständige Liste der dokumentierten Todesfälle:
http://www.unitedagainstracism.org/pdfs/listofdeaths.pdf

 Posted by on So., 29. Juli 2012 at 21:42
Jul 292012
 

Nachdem vor einigen Wochen ein Augustin-Verkäufer wegen Behinderung des Fußgehverkehrs angezeigt worden war, wurde am F13-Aktionstag am Freitag, den 13. Juli 2012, insbesondere dem Paragrafen 78 lit. c der Straßenverkehrsordnung Augenmerk geschenkt. Darin wird unter anderem verboten, Fußgänger_innen „durch den Verkauf von Druckschriften, durch das Mitführen von Tieren oder durch unbegründetes Stehenbleiben“ zu behindern. Der besagte Augustin-Verkäufer war zwar nicht stehengeblieben, sondern gesessen, dies aber mit einem Hund, und er hatte die Zeitung Augustin feilgeboten, und das justament in der Nähe eines Geldautomatens.

Die F13-Aktivist_innen befürchten, dass § 78 c StVO nun wieder zur Belästigung von Straßenzeitungsverkäufer_innen und Bettler_innen missbraucht werde. Statt neuer Schikanen bedürfe es vielmehr kuscheliger Menschlichkeit, meinen sie, und riefen daher auf, mit Kuscheltieren in den Esterházypark zu kommen. Mit diesen zogen sie dann zur Mariahilfer Straße, wo die Strafverfügung gegen den Augustin-Verkäufer öffentlich verlesen wurde.

Wegen starken Regens nahmen nur an die 40 Aktivist_innen und 20–30 Stofftiere an der Aktion teil.

>>siehe auch: http://f13.at/index.php?what=longt&tid=196

 Posted by on So., 29. Juli 2012 at 21:40
Jun 172012
 

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Tausende Menschen beteiligten sich auch heuer wieder an der bereits siebzehnten Regenbogenparade.

Dieses Jahr gab es auch – vermutlich erstmals – eine Gegendemonstration katholischer Fundamentalist_innen, die unter anderem von der Christen-Partei-Abspaltung „Christen-Allianz“ und der „Österreichischen Gesellschaft zum Schutz von Tradition, Familie und Privateigentum – TFP“ bzw. ihrer Proponent_innen unterstützt wurde. So galt etwa Christen-Allianz-Gründer Alfons Adam als Mitorganisator. Andere Teilnehmende waren manchen Beobachter_innen als Kämpfer_innen gegen Frauenrechte bekannt, wie Aktivist_innen von Babycaust- und Vaterrechtsinitiativen. Aufrufe zu Protest und Gebet gegen die Regenbogenparade fanden sich auch auf der Facebook-Pinwand der Jes, geschrieben von Michael Koder, der als Veranstaltungsleiter fungierte. Von ihm stammte auch ein Aufruf auf der Site von gloria.tv, in dem zu lesen war: „Wenn uns unsere Kinder einst fragen werden, wo wir denn gewesen sind, als der Sittenverfall in einer zunehmend kinderfeindlicheren Kultur in vollem Gange war, werden wir antworten, dass wir an vorderster Front im Schlachtgetümmel waren.“

Zum prophezeiten Schlachtgetümmel kam es aber nicht, sondern schlimmer: zu Ausbrüchen unsittlicher Liebe. Kaum wollten die katholischen Fundamentalist_innen am Stock-im-Eisenplatz unweit des Stephansdoms mit ihrer Kundgebung anfangen, begannen unzählige Menschen rund um sie, sich gegenseitig zu küssen, und das überwiegend „gleichgeschlechtlich“. Botschaften und Gebete, die über eine Laustprecheranlage verbreitet werden sollten, gingen in Rufen gegen Homophobie, Sambaklängen und Pfiffen unter.
Und nachdem Koder im Aufruf noch die drohende Verführung von Kindern durch Gesänge wie „Eure Kinder werden so wie wir, eure Kinder werden alle queer“ beklagte, bekam er und seine rund vierzig Mitkämpfer_innen auch dieses Gstanzerl zu hören.

Zum Kiss-in gegen Homophobie hatte das „Linke Hochschulnetz“ aufgerufen, zu einer Kundgebung „gegen homophobe Christenfundis“ die Initiative „gottlos.at“ zusammen mit der „TU*Basis“.

Küssende und tanzende Menschen zogen um die für das sittliche Fundament ihres Vaterlandes streitenden Märtyrer_innen herum, mitunter auch mal quer durch ihre Gruppe durch. Polizist_innen standen erst irgendwie mittendrin, bildeten dann eine Sperrkette, konnten sich aber nicht wirklich durchsetzen, oder versuchten dies auch nicht wirklich engagiert. Rasch war die sittliche Trotzburg wieder von sexuell Ausschweifenden umgeben. Und obendrein mischten sich auch immer mehr begeisterte Tourist_innen mit den Demonstrant_innen aller Richtungen.

Ein antihomophober Demonstrant wurde einer Identitätsfeststellung unterzogen, nachdem ein Plakat der Katholik_innen zerrissen worden sein soll. Anzeige gebe es aber nur, wenn die Katholik_innen diese erstatten, sei ihm von der Polizei versichert worden, so der Beamtshandelte.

Nach zirka einer halben Stunde wurde zur Oper losgezogen: Voran fuhren und gingen vierzig katholische Fundamentalist_innen, zweihundert weitere Menschen folgten ihnen an ihren Forderungen und Gebeten lauthals Kritik übend. An einer Fahrbahnverängung versuchte die Polizei die Teilnehmer_innen an dem ungleichen Umzug zu trennen. Über parallele Gassen ausweichend, fanden aber dennoch bei der Oper wieder alle zusammen.

Neben der Oper, am Herbert-von-Karajan-Platz, bot sich bald das gleiche Bild wie am Stock-im-Eisen-Platz: Streithafte Christ_innen umgeben von Gegendemonstrant_innen und dazwischen die eine oder andere Reihe Polizist_innen.

Um Viertel Sechs – vielleicht, weil damit zu rechnen war, dass bald die Regenbogenparade auf der Ringstraße vorbeiziehen wird – verstärkte die Polizei ihre Bemühungen, die Veranstaltungen zu trennen. WEGA kam zu Hilfe und drängte die Antichrist_innen weg. Auch Polizeihunde wurden eingesetzt, wenn auch an der Leine gehalten. Die Polizei beruhigte sich erst wieder, als ein Abstand von zirka zwanzig Metern zwischen den Kundgebungen hergestellt war.

Weiter wurden Parolen gerufen und gesungen: „Eure Kinder werden so wie wir …“. Ein Polizeihund bellte im Takt dazu.

Um 18 Uhr packten die Christ_innen zusammen, gingen und fuhren weg, zumindest scheinbar. Als kurz darauf die Regenbogenparade zur Oper kam, sei ihr von einer Gruppe betender Christ_innen kurz der Weg versperrt worden, berichtete die Hosi Wien.

Die Kritiker_innen des christlichen Fundamentalismus schlossen sich, zumindest großteils, der Regenbogenparade an, die heuer erstmals ganz um den Ring herum führte, vom Rathausplatz zum Rathausplatz – wie schon letztes Jahr allerdings nicht „andersrum“, sondern in Einbahn-Richtung. Verkehrsmäßig andersrum waren lediglich zumindest zur Hälfte die Wiener Linien unterwegs, die mit zwei mit Regenbogen geschmückten Arbeitsfahrzeugen auf beiden Gleisen die Parade begleiteten.

Den Abschluss bildete die Pride Show am Rathausplatz, bei der bis in die Nacht gefeiert wurde.

Dass die Regenbogenparaden-Website während der Parade nicht erreichbar war, sei laut Hosi Wien übrigens nicht an einem Hacker_innenangriff gelegen, sondern vielmehr an zu vielen interessierten Zugriffen, die der Server nicht mehr verkraftet habe.

Warum von den vielen überwiegend kommerziellen Werbungen, die die Pride-Show-Bühne umrahmten, just eines der wenigen politischen Unterstützer_innenbanner überklebt wurde, erscheint ein wenig fragwürdig. Bei der Forderung nach Solidarität mit verfolgten Lesben und Schwulen im Iran prangte das Logo der Initiative „Stop the Bomb“, von dem zuerst „the Bomb“ und während der Schlussveranstaltung dann auch noch „Stop“ mit schwarzem Klebeband überdeckt wurde. Die Veranstalter_innen der Pride-Show (die nicht mit jenen der Parade ident sind) erklärten das auf Anfrage so:
„In der Nacht hat von Fr auf Sa – da wurden die Banner bei der Bühne aufgehängt – gab es etliche mündliche und schriftliche Beschwerden, dass der Stop-The-Bomb-Verein eine undifferenzierte und einseitige Politik vertritt. Daraufhin wurde das Wort ‚Bomb‘ abgeklebt. Ein Gespräch mit dem Verein sollte stattfinden, um zu einer Lösung zu gelangen, leider war es aus Zeitgründen und aufgrund der Kurzfristigkeit nicht möglich, dem nachzukommen – dafür entschuldigt sich der CSD-Vienna-Verein. Als eine Vertreterin vom Stop The Bomb das abgeklebte Wort ‚Bomb‘ sah, verlangte sie die völlige Abklebung des gesamten Logos.“
Stop the Bomb bat unterdessen um eine ausführlichere Stellungnahme gefordert. Selten haben sie ein so unprofessionelles, unsolidarisches und intransparentes Verhalten erlebt wie bei diesem Umgang mit dem Stop-the-Bomb-Banner an der Hauptbühne, erklärte Simone Dinah Hartmann für Stop The Bomb.


>>Radio-Orange-Beitrag

 Posted by on So., 17. Juni 2012 at 23:14
Jun 062012
 

Vertagt wurde Mittwoch früh der Berufungsprozess gegen Pastor Joshua, der 2011 in erster Instanz zu 15 Monaten Haft wegen angeblichen Suchtgifthandels verurteilt worden war und deswegen bereits 8 Monate hinter Gittern verbringen musste. Freund_innen und Glaubensgeschwister hatten die Vorwürfe gegen Pastor Joshua erst am 1. Juni bei einer Demonstration als nicht nur falsch, sondern als Ausdruck rassistischer Polizei- und Justizpraktiken in Österreich bezeichnet.

Belastet wurde Pastor Joshua bei der Verhandlung am 6. Juni lediglich wieder von jenem immer noch wegen Dealens inhaftierten R., der behauptete, Drogen von Pastor Joshua bezogen zu haben.

Ein ehemaliger Zellengenosse von R. bezeugte hingegen, dass R. im Gefängnis wiederholt gesagt habe, dass Pastor Joshua nicht gedealt habe, und dass er ihn nur belaste, um seine eigenen Quellen zu schützen. Gegenüber dem Justizpersonal habe R. Pastor Joshua immer so demonstrativ als seinen Komplizen bezeichnet, wie es ein Häftling nie ohne Hintergedanken täte.

Ein anderer Zeuge, der vor der Polizei Pastor Joshua noch als Drogenhändler belastet hatte, erklärte vor Gericht, dass er den Händler nur im Rückspiegel gesehen habe und nicht erkennen konnte. Allerdings sei er bei der seinerzeitigen Befragung von der Polizei unter Druck gesetzt worden. Es seien ihm mehrere Fotos vorgelegt worden, und bei Pastor Joshua sei ihm in den Mund gelegt worden, dass dieser der Dealer sei. Und damit er endlich eine Ruhe hat, habe er gesagt, das könne er gewesen sein. Er habe ihn aber in Wirklichkeit nicht erkannt.

Da mehrere Zeug_innenladungen wegen technischer Probleme im Bundesrechenzentrum nicht rechtzeitig versandt und erst vor zwei Tagen für die Zeug_innen hinterlegt worden waren, wurde der Prozess auf 1. August, 9.15, Saal 305, LG für Strafsachen Wien, vertagt.

Radio-Orange-Interview mit Pastor Joshua vom 1. Juni: http://cba.fro.at/59854

Bericht von der Solidaritätsdemo auf nochrichten.net: http://nochrichten.net/?p=1088

Ausführlichere Hintergrundinformationen auf no-racism.net:
http://no-racism.net/article/4097
http://no-racism.net/article/4108/
http://no-racism.net/upload/174054603.pdf

 Posted by on Mi., 6. Juni 2012 at 11:22
Jun 032012
 

Mehr Rechte für Sexarbeiter_innen wurden am Internationalen Hurentag, am 2. Juni, diesmal am Praterstern gefordert. Bereits zum elften Mal machten Beratungsstellen, selbstorganisierte Sexarbeiter_innen und Grüne Frauen auf die institutionelle und strukturelle Gewalt gegen Sexarbeiter_innen aufmerksam.
Eine komplexe Verflechtung von Doppelmoral und Tabuisierung im Umgang mit Sexarbeit führe dazu, dass in Österreich rechtliche Regelungen darauf ausgerichtet sind, Sexarbeiter_innen unzählige Pflichten aufzuerlegen (Steuerpflicht, Registrierungspflicht, Verpflichtung der Führung eines „Gesundheitsbuchs“ etc.), jedoch keine Rechte einzuräumen, kritisierten LEFÖ (Wien), maiz (Linz), SXA-Info (Graz), PiA (Salzburg) und sexworker.at.
Das neue Wiener Prostitutionsgesetz (ProstG) verdränge Sexarbeiter_innen aus Wohngebieten und zwinge sie in illegalisierte und unsichere Arbeitsverhältnisse.
Die Grüne Sozialsprecherin Birgit Hebein macht auch Verbesserungen durch das Prostitutionsgesetz aus, zum Beispiel: gut angenommene Gutscheine für Beratungen durch NGOs für neu angemeldete Sexarbeiter_innen, Beratung statt Bestrafung für Minderjährige, Differenzierung zwischen Menschenhandel und Sexarbeit. Die Kampagne „Ich seh, ich seh, was du nicht siehst, und das ist … Sexarbeit in Wien“ der Grünen Frauen Wien ziele darauf ab, Sexarbeit sichtbar zu machen und auf die Gefahren für Sexarbeiter_innen durch Verdrängung und Verbote aufmerksam zu machen.

Die kürzlich erfolgte Entscheidung des OGH, dass Entgelt für Sex nicht generell sittenwidrig sei, wurde bei der Kundgebung überwiegend positiv bewertet, wenn auch bei sexworker.at keine Jubelstimmung aufkommen mochte, weil es sich lediglich um einen ersten Schritt handele, dem konkrete Konsequenzen erst folgen müssen.

Deutliche Verschlechterungen gibt es seit geraumer Zeit für sexarbeitende Migrant_innen aus Drittstaaten. Im Gegensatz zu früher vertritt die Polizei nun die Auffassung, dass Arbeitsgenehmigungen anderer EU-Staaten nicht mehr zur Sexarbeit in Wien berechtigen, was fremdenpolizeiliche Maßnahmen bis hin zur Abschiebung zur Folge haben kann. Dies soll demnächst Thema im Steuerungsteam zur Beobachtung der Auswirkungen des Prositutionsgesetz sein, in dem neben politischen Verantwortlichen auch NGOs, Magistrat und Polizei (also viele, bloß keine betroffenen Sexarbeiter_innen) vertreten sind.

Die langjährigen Forderungen der Beratungsorganisationen bleiben jedenfalls weiter aufrecht:

  • Entkoppelung des Regelungsbereichs der Prostitution aus den Sitten- bzw. Anstandsnormen in allen Bundesländern
  • Rechtliche Gleichbehandlung und Gleichstellung von Sexarbeiter_innen mit anderen Erwerbstätigen durch die Legalisierung der Sexarbeit als Erwerbstätigkeit und entsprechende fremdenrechtliche Änderungen
  • Schutz vor Prekarisierung, Diskriminierung, Sexismus und Rassismus

>>Radiosendung für ORANGE 94.0:
Ausschnitte aus der Kundgebung zum Internationalen Hurentag am 2. Juni 2012 in Wien und Interviews mit

  • Renate Blum, LEFÖ – Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen
  • Christian Knappik, sexworker.at
  • Uschi Lichtenegger, Klubobfrau der Grünen im 2. Bezirk
  • Birgit Hebein, Gemeinderätin und Sozialsprecherin der Wiener Grünen
  • Tina Leisch, Film-, Text- und Theaterarbeiterin, sowie Bewohnerin des Stuwerviertels

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 Posted by on So., 3. Juni 2012 at 19:05