Willkommen bei der WiderstandsChronologie
(Die Beiträge wurden großteils bereits im neuen Nachrichtenmagazin „Alternativer Nachrichtendienst – ANDI“ auf ORANGE 94.0 ausgestrahlt.)
Protestdemo am Tag der Nationalratswahl
Bereits eine Stunde nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen zur Nationalratswahl versammelten sich am Abend des 15. Oktober nach und nach mehr als 400 Menschen vor dem Parlament, um gegen eine Regierung mit der FPÖ zu protestieren. Nach 20 Uhr zogen die Demonstrant*innen zur FPÖ-Zentrale, zum Innenministerium, zum Bundeskanzleramt und schließlich zurück zum Parlament.
(O-Töne)
„Strache hetzt, Kurz schiebt ab, das ist das gleiche Rassist*innenpack“
„Donnerstagsdemo“ am 19. Oktober
Am Donnerstag, dem 19. Oktober, fand am Abend eine erste Donnerstagsdemo statt. Vorbild dafür waren die Donnerstagsdemos, die ab dem Feber 2000 wöchentlich gegen die damalige schwarzblaue Regierung durchgeführt wurden. Um 19 Uhr versammelten sich 160 Personen vor dem Parlament und zogen danach spontan, ohne vorherige Anzeige der Versammlung über Ring, Schottengasse und Herrengasse zuerst Richtung Innenministerium, schließlich wieder zurück zum Ring. Bei der Uni stürmte die Polizei plötzlich ohne Vorwarnung in die Demo und trieb die Anwesenden auseinander. Verletzt oder festgenommen wurde niemand. Das Vorgehen der Polizei verletzte dabei aber nach Auskunft einer Verfassungsjuristin das Versammlungsgesetz. Eine spontane Demonstration ist nicht unrechtmäßig, nur weil sie nicht fristgerecht angezeigt worden ist. Die Behörde hat die Möglichkeit, die Versammlung für aufgelöst zu erklären. Dann sind die Anwesenden verpflichtet, den Versammlungsort sogleich zu verlassen und auseinanderzugehen. Erst dann darf im Falle des Ungehorsams die Auflösung durch Anwendung von polizeilichen Zwangsmitteln in Vollzug gesetzt werden. Die Polizei hatte die Donnerstagsdemonstration aber zu keinem Zeitpunkt für aufgelöst erklärt.
(O-Töne)
Wir fragten dazu bei der Landespolizeidirektion Wien nach. Mittlerweile liegt uns die Antwort vor. Die Landespolizeidirektion Wien widerspricht darin unserer Berichterstattung.
Die Versammlung sei zu keinem Zeitpunkt aufgelöst, gestürmt oder auseinandergetrieben worden. Lediglich seien „Spitze und Ende der Versammlung durch Polizisten besetzt worden, um eine unkontrollierte Ausbreitung zu verhindern, Verkehrsbehinderungen hintanzuhalten und die Sicherheit der Teilnehmer zu gewährleisten“, so die Darstellung der Landespolizeidirektion Wien.
Die Landespolizeidirektion Wien empfahl uns, unsere Quellen zu hinterfragen. Da die Quelle unseres Berichts meine eigenen Wahrnehmungen und nachfolgende Gespräche mit Anwesenden waren, kann ich aber nur wiederholen: Meiner Wahrnehmung und der Wahrnehmung von mir befragter Personen nach stürmte die Polizei ohne Vorwarnung in die Demonstration und trieb die Teilnehmer*innen auseinander.
„Wenn wir unsere Werte wissen wollen gehen wir ins Labor!“
DaZ-Unterrichtende protestieren gegen Instrumentalisierung als Werte-Polizist*innen
Seit Oktober muss in Deutschkursen für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte sowie für rechtmäßig niedergelassene Drittstaatsangehörige ein vom Innenministerium erstellter Wertekatalog vermittelt werden. Dagegen protestierten heute Freitag, 20. Oktober, Unterrichtende von Deutsch als Zweitsprache. Sie erklärten, sich nicht als Sprach- und Wertepolizist*innen instrumentalisieren lassen zu wollen. Und sie erklärten ihre Solidarität mit allen Geflüchteten und Drittstaatsangehörigen. Die Kundgebung fand vor dem Euro Plaza in Wien-Meidling statt. Drinnen im Euro Plaza hielt der Österreichische Integrationsfonds gerade ein Symposium zu Werten im Sprachunterricht ab.
(O-Töne)
Protest vor Wiener Migrationskonferenz
Am 23. und 24. Oktober fand in der Akademie der Wissenschaften die Vienna Migration Conference statt. Erklärtes Ziel dieser Konferenz des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung ist es, dass Politiker*innen, hohe Beamt*innen, Expert*innen und Praktiker*innen aus Regierungen, internationalen Organisationen, der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft und den Medien zusammenkommen, um über die zentralen Aspekte der Migrationspolitik zu diskutieren. Vor der Akademie der Wissenschaften standen am 24. Oktober rund 20 Antirassist*innen, die gegen Abschiebungen protestierten.
(Interview mit Demonstrant*in)
Demonstration gegen Überwachungsstaat am 25. Oktober
Im September ist ein vom Innenministerium vorbereitetes Überwachungspaket im Parlament zwar gescheitert. Bundestrojaner, Vorratsdatenspeicherung, Registrierung von Wertkartentelefon-SIM-Karten, Ausweitung von IMSI-Catchern und einiges mehr sollen im neuen Nationalrat aber wieder aufs Tapet gebracht werden. Dagegen wandte sich eine Demonstration gegen Überwachung und Kontrolle, die am Mittwoch, dem 25. Oktober, vom Marcus-Omofuma-Stein zum Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände führte.
(Ausschnitt aus einer Rede)
Gedenken an Wehrmachtsdeserteure und Opfer der NS-Militärjustiz am 26. Oktober
Während am 26. Oktober das Bundesheer in der Wiener Innenstadt Panzer und anderes Kriegsgerät präsentiert, trifft sich jedes Jahr ein kleines Grüppchen von Menschen im Donaupark, um Deserteuren und anderen Opfern der NS-Militärjustiz zu gedenken. Ihr Gedenken findet dort statt, wo sich die Hinrichtungsstätte des Militärschießplatzes Kagran befunden hat. Hunderte Menschen sind allein dort von 1938 bis 1945 wegen Fahnenflucht und Wehrkraftzersetzung erschossen worden.
Heuer nahmen rund 60 Personen an dem Gedenken teil, unter ihnen, wie immer, der Wehrmachtsdeserteur Richard Wadani, der vor zwei Wochen 95 Jahre alt geworden ist.
(Ausschnitt aus Rede von Richard Wadani)
Kundgebung für Neutralität
Ebenfalls am Nationalfeiertag, unweit der Leistungsschau des Bundesheers, neben dem Parlament, beim Denkmal der Republik hielt die Solidarwerkstatt aus Linz mit anderen Friedensorganisationen eine kleine Kundgebung für eine aktive Neutralitätspolitik und gegen eine Teilnahme an EU-Militärprogrammen ab.
(Ausschnitt aus einer Rede)
Kundgebung „Freiheit für Ahmed H. und alle Gefangenen der Festung Europa“
Am 27. Oktober fand vor der ungarischen Botschaft eine Kundgebung im Rahmen der Solidaritätskampagne „Free the Röszke 11!“ statt. Anlass dafür war die Wiederaufnahme des Gerichtsverfahrens gegen Ahmed H., der am 15. September 2015 am Grenzübergang von Serbien nach Ungarn bei Röszke für die Öffnung der Grenze protestiert hatte. Ahmed H. war von den ungarischen Behörden festgenommen und wegen Terrorismus angeklagt worden. 2016 wurde er zu 10 Jahren Haft verurteilt. Aufgrund von Mängeln wird der Prozess nun wiederholt. Bei der Kundgebung vor der ungarischen Botschaft wurde „Freiheit für Ahmed H. und alle Gefangenen der Festung Europa“ gefordert.
Das war die WiderstandsChronologie.
Auf Wiederhören.