Sep 282010
 

Der fehlende Schutz des Redaktionsgeheimnisses bei Alternativmedien wie linken Zeitschriften und Freien Radios wird wieder einmal vergessen, wenn – wie gerade jetzt – die Journalist_innengewerkschaft in der GPA-DJP einen wirksameren Schutz des Redaktionsgeheimnisses als Berufsgeheimnis fordert. Die berechtigte, aber viel zu verkürzte Forderung kann auf der Website der GPA-DJP unterstützt werden.

Das Redaktionsgeheimnis gemäß § 31 Mediengesetz schützt zwar grundsätzlich auch sogenannte „Medienmitarbeiter“, dazu zählen jedoch laut § 1 Mediengesetz nur angestellte und ständige freie Mitarbeiter_innen, die ihre „journalistische Tätigkeit … nicht bloß als wirtschaftlich unbedeutende Nebenbeschäftigung“ ausüben.

Damit sind die überwiegend ehrenamtlichen Mitarbeiter_innen alternativer Medien – ob Zeitschriftenredakteur_innen oder Radiomacher_innen bei freien Radios – vom Schutz des Redaktionsgeheimnisses ausgenommen.

Wer auf der Website der GPA-DJP die Forderungen nach einem wirksamen Schutz des Redaktionsgeheimnisses unterstützen möchte, hat allerdings die Möglichkeit, die Forderung in einem Feld „persönliche Unterstützungserklärung“ zu ergänzen.

Hier kann beispielsweise die Forderung der Ausdehnung des Schutzes des Redaktionsgeheimnisses auf nicht bezahlte Alternativmedienjournalist_innen wie Radiomacher_innen hineingeschrieben werden.

Die Dringlichkeit des Schutzes des Redaktionsgeheimnisses auch für Alternativmedienjournalist_innen wird auch durch die Kriminalisierungswellen nach den Antiterror- und Antimafiaparagrafen 278a, b, ff deutlich. Bereits heute wird gegen die Veröffentlichung von anonymen Bekenner_innenbriefen vorgegangen. Weitere Verschärfungen sind im Rahmen des Terrorismuspräventionsgesetz in Vorbereitung.

Anlass für die derzeitige Aktion der Journalist_innengewerkschaft ist unter anderem das Urteil des Oberlandesgerichts Wien, das den ORF zur Herausgabe unveröffentlichter Aufnahmen für eine Reportage über rechtsextreme Skinheads zwingt, nachdem Vorwürfe aus der FPÖ laut geworden waren, dass die Skinheads dabei zu Wiederbetätigung angestiftet worden sein sollen. Für den inzwischen wahrscheinlichen Fall, dass der ORF die Bänder nicht übergibt, wurden Beugestrafen angedroht.

Der Schutz des Redaktionsgeheimnisses ist wichtig, darf aber nicht beim ORF und kommerziellen Medien enden. Medienfreiheit ist unteilbar.

>>Link zur elektronischen Unterschriftenliste der Journalist_innengewerkschaft:

Vorschlag für Ergänzung der Forderung:
Das Redaktionsgeheimnis darf darüber hinaus nicht weiter auf angestellte und ständige Medienmitarbeiter_innen gemäß §1 MedienG beschränkt bleiben, sondern muss eindeutig für alle journalistisch tätigen Personen - auch in freien, nicht-kommerziellen, alternativen Medien - gelten.

 Posted by on Di., 28. September 2010 at 23:52
Sep 272010
 

Die Bäume am Augartenspitz sind längst gefällt, die denkmalgeschützte Mauer niedergerissen. Der Protest gegen die Verbauung des dem Stadtzentrum zugewandten Eckes des barocken Augartens dauert dennoch weiter an. Für Freitag, den 24. September hatte das Josefinische Erlustigungskomitee zu einem „pombösen Empörungsmarsch“ geladen, an dem knapp 100 Personen, genauer gezählt waren es 85, teilgenommen haben.
Bekanntlich soll am Augartenspitz ein sogenannter Konzertkristall für die Wiener Sängerknaben errichtet werden. Finanziert wird das Projekt mit Mitteln der Pühringer-Privatstiftung. Deshalb führte die erste Etappe des pombösen Empörungsmarsches auch zum Sitz dieser Stiftung, dem Palais Coburg in der Innenstadt. Weiter ging es zur Hofburg. Dort waren Burghauptmannschaft und Bundesdenkmalamt Ziel des Protestes. Und zuletzt wurde auch vor dem Rathaus der Empörung Luft gemacht.
Die pomböse Empörung in Worte fasste Raja Schwahn-Reichmann vom josefinischen Erlustigungskomitee.

>>Mitschnitte aus der Demonstration in einem Beitrag der ZIP-FM-Lokalausgabe

Der Protest geht freilich weiter. Nach einer sommerlichen Pause ruft das Josefinische Erlustigungskomitee wieder für jeden Donnerstag zur lustig-listigen Mahnwache am Augartenspitz auf! Überraschungen musikalischer, malerischer oder sonstiger augärtnerischer Natur seien nicht ausgeschlossen, heißt es. Jeden Donnerstag ab 16.00 beim Augartenspitz, in der Nähe der U2-Station Taborstraße.

>>Josefinisches Erlustigungskomitee

 Posted by on Mo., 27. September 2010 at 13:58
Sep 272010
 

Zum vierten Mal hieß es am leider nur so genannten „autofreien Tag“ am 22. September 2010 in Wien wieder „Rasen am Ring“. Dazu wurden auch heuer rund 500 Quadratmeter Rollrasen auf der sonst stark frequentierten Fahrbahn der Ringstraße vor dem Burgtor ausgerollt und demonstrativ als Naherholungsgebiet freigegeben, das zum Liegen, Spielen, Picknicken und Wohlfühlen einlud.
Mehr denn je Menschen nutzen die Gelegenheit, für ein paar Stunden den Lebensraum Straße von den Autos zurückzuerobern. Gegen 18 Uhr konnten rund 1200 Personen gezählt werden, die auf dem verlegten Rasenstreifen gar nicht mehr alle Platz fanden, und auf die angrenzenden Grünstreifen und den Asphalt der Gehsteige und Nebenfahrbahnen ausweichen mussten. Angesichts der ständigen Fluktuation kann von einer Beteiligung mehrerer tausend Menschen am Rasen am Ring ausgegangen werden.

Für den Autoverkehr war die Hauptfahrbahn des Burgrings während der Veranstaltung gesperrt. Straßenbahnen, Fahrräder und Fußgeher_innen konnten weitgehend ungehindert vorbeifahren oder -gehen, wenn sie das wollten, und sich nicht ohnehin lieber am Treiben beteiligten.

Verantwortlich für diese Aktion zum autofreien Tag zeichneten freilich keine offiziellen Stellen wie etwa der Gemeinde Wien, die gerade mal von Wien Energie ein paar E-Bikes am Rathausplatz ausstellen ließ. Ansonsten waren nicht einmal mehr die sonst unvermeidlichen schönen Worte zur tatenlosen Klimapolitik zu vernehmen.

Vielmehr lag es an Radfahrorganisationen wie der Radlobby IG Fahrrad, der WUK.Fahrrad.Selbshilfewerkstatt, dem LastenRadKollektiv, der BikeKitchen und Bürger_inneninitiativen wie „Rettet die Lobau“ sowie der Arge Schöpfungsverantwortung und den Umweltorganisationen Greenpeace, GLOBAL2000 und VIRUS, wenistens an diesem Tag für Verkehrsberuhigung zu sorgen.

„Der Autoverkehr in Wien muss auf ein sinnvolles Maß reduziert werden, und die öffentlichen Flächen müssen auch wieder den Menschen dieser Stadt zur Verfügung stehen“ erklärten die Organisator_innen.

„Angesichts der Erfordernisse der Reduktion von Treibhausgasemissionen und begrenzter Erdölvorräte ist ein Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik unvermeidlich. Wir haben es lediglich in der Hand, die Verkehrswende sanfter zu gestalten, bevor sie durch die Umstände erzwungen wird“, ergänzte Virus.

Eine Sperre von Teilen des Rings, Fahrteinschränkungen für die Innenstadt oder Umwidmung von Straßen zu Flächen, in denen alle Verkehrsteilnehmenden gleichberechtigt sind, wären erste Schritte in die richtige Richtung, so Virus.

>>Interview mit einer Mitorganisatorin für die ZIP-FM-Lokalausgabe

 Posted by on Mo., 27. September 2010 at 11:52
Sep 202010
 

„Für eine mutige Bildungspolitik, eine gerechtere Verteilung des Wohlstands, sowie einen radikalen Kurswechsel in der Fremdenpolitik“ machten sich am 18. September nach unserer Zählung rund 5000 Personen vor dem Burgtor in der Wiener Innenstadt stark (nach Angaben von Veranstalter_innen waren es 7000). Die Kundgebung „Machen wir uns stark“ war von zahlreichen Proponent_innen und Einzelpersonen, allen voran M-Media, Integrationshaus und SOS-Mitmensch, organisiert worden. Ursprünglich sollte sie am Heldenplatz stattfinden. Dagegen legte sich allerdings die Burghauptmannschaft quer, mit der Begründung, dass eine Woche davor ein Erntedankfest und eine Woche später ein Sportfest stattfinde. Für rechtsextreme und deutschnationale Veranstaltungen fand dieselbe Burghauptmannschaft bislang immer eine offene Türe oder ein passendes Zeitfenster.

Erschreckend gering war die Beteiligung am Demozug von Studierenden von der Uni Wien zur Kundgebung, der als Auftakt zu einem heißem Herbst angekündigt war, an der gerade mal knapp 300 Menschen teilnahmen.

Zu einem Smartmob gegen Armut versammelten sich an die 40 Personen am Ballhausplatz mit Löffeln, einem Aufruf der Armutskonferenz folgend.

Eine kurze Hörprobe von der Studierendendemo, dem Smartmob und den einleitenden Worten der Kundgebung vor dem Burgtor gab es in der ZIP-FM-Lokalausgabe vom 20. September zu hören.

>>http://www.machen-wir-uns-stark.at

>>https://smartmobsgegenarmut.wordpress.com/

>>http://unsereuni.at/

 Posted by on Mo., 20. September 2010 at 20:27
Sep 202010
 

Mehr als 20 Prozent der Bewohner_innen Wiens sind wegen ihrer Staatsbürger_innenschaft bei den kommenden Gemeinderatswahlen vom Wahlrecht ausgeschlossen.
Dieses Demokratiedefizit wollen auch diesmal einige Leute nicht mittragen und riefen wieder die Aktion „Wahlwexel“ ins Leben.

Dabei wird das Wahlrecht von einer wahlberechtigten Person an eine nicht-wahlberechtigte Person insofern übergeben, als dass sich die beiden zusammenschließen, die nicht-wahlberechtigte Person ihre Wahlentscheidung der wahlberechtigten Person mitteilt, und diese dann dem Auftrag entsprechend die Stimme abgibt, oder auch – wenn gewünscht – die Stimmabgabe verweigert.

Mehr Informationen, und wie ihr „wahlwexeln“ könnt, steht da:
>>www.wahlwechsel.at

 Posted by on Mo., 20. September 2010 at 19:29
Sep 202010
 

Ein Wohnprojekt für Familien, die kurz vor einer Abschiebung stehen, wurde von der Initiative „Freunde schützen“ in Wien-Meidling eröffnet .

Die Einrichtung geht auf eine Initiative der Rechtsberaterin Karin Klaric vom Verein Purple Sheep und des Immobilientreuhänders Hans Jörg Ulreich zurück. Ulreich ist Vater eines Schulfreundes von Bernard K., der im Feber mit seiner Familie in den Kosovo abgeschoben worden ist. Seine Wut machte Ulreich zu Widerstand, und gründete eine Intiative „Fußball verbindet“; aus der später die Initiative „Freunde schützen“ und nun das Freunde-schützen-Haus

Etwa 50 Familien finden in Wohnungen Platz, im Hof ließen sich zusätzlich Zelte aufstellen. Die Betroffenen werden in dieser schwierigen Zeit rund um die Uhr betreut, so Klaric.

>>Ausführlicher Beitrag auf no-racism.net
>>Vorstellung des „Freunde-schützen-Hauses“ durch die Initiator_innen (Aufzeichnung einer Pressekonferenz, zur Verfügung gestellt von der Redaktion „Trotz Allem“)

 Posted by on Mo., 20. September 2010 at 19:02
Sep 062010
 

Zigtausende Menschen beteiligten sich allein in Frankreich am 4.September an Protesten gegen die massenhafte Abschiebung von Roma. In mindestens 135 Städten in ganz Frankreich sei demonstriert worden, heißt es. Aber auch in zahlreichen anderen Städten in ganz Europa gingen Menschen in Solidarität mit den Roma in Frankreich auf die Straße. Sie protestierten dabei auch gegen Unterdrückung und Diskriminierung in anderen Ländern, gegen das Wegschauen der EU, und überhaupt gegen Rassismen.

In Wien fanden sich am Samstagnachmittag rund 300 Personen vor dem Haus der Europäischen Union in der Wipplingerstraße ein.

Eine Initiative engagierter Roma in Wien hatte zu der Solidaritätskundgebung aufgerufen: „Die Abschiebungen von Roma in Frankreich durch Präsident Nicolas Sarkozy stimmen uns besorgt und ängstlich. Die Registrierung von Menschen aufgrund ihrer Ethnie lehnen wir entschieden ab.“ hieß es im Aufruf.

Bei der Kundgebung sprach unter anderem die 1933 geborene Autorin, Künstlerin, KZ-Überlebende und Romni >>Ceja Stojka.

Hier ein paar Ausschnitte aus der Kundgebung:
>>Beitrag für ZIP-FM-Lokalausgabe auf ORANGE 94.0 (13 Minuten)

 Posted by on Mo., 6. September 2010 at 15:35
Sep 022010
 

>>Radiobeitrag der ZIP-FM-Lokalausgabe auf ORANGE 94.0 (15 Minuten)

Der Versuch, das Publikum bei einer Schlagerbandversion von „Wiener Blut“ zum Mitsingen zu bewegen, schlug noch fehl. Als ER aber dann zu den bombastischen Klängen von Carl Orffs „O Fortuna“ Nebenschwaden durchschneidend auf die einem Boxring nachempfundene Bühne emporstieg, waren die mehr als 1000 Personen, die sich zu HCs „Wahlauftakt“ in der Lugner-City einfanden, nicht mehr zu bremsen, sie jubelten, riefen in Chören „HaCe, HaCe, HaCe, …“.

Und dann ergriff ER das Wort. Und wenn ER das tut, geruht ER es bisweilen nicht vor Ablauf mindestens einer Stunde wieder abzugeben. Diesmal allerdings verstummte SEIN Wort nach bereits wenigen Minuten. Da half kein Klopfen aufs Mikrofon, kein in der Menge losgetretenes neuerliches „HaCe, HaCe, HaCe“-Rufen. Es floss einfach kein Strom zu Mikrofon und Lautsprechern. Während noch nach der Ursache des Stromausfalls gesucht wurde, zogen aber plötzlich Schwaden übelsten Geruchs durch die Menge, die irgendwie an Buttersäure erinnerten.

Stramme HC-Anhänger_innen – offenbar eigentlich fast alle – ließen sich dadurch aber nicht beirren, sondern harrten aus, bis die Tonanlage wieder funktionierte, bis der Gestank von ihnen weg in andere Bereiche der Versammlung gezogen war.

Er lasse sich nicht mundtod machen, scherzte HC, als er seine Rede fortsetzen konnte. Streng in verschiedene Richtungen blickende Herren mit Regenschirmen umgaben ihn, und warteten offenbar auf weitere übelriechende Wurfkörper – leider vergebens.

Vereinzelt und erschreckend kurz waren Buhrufe zu vernehmen, segelten Flugzettel der SLP durch die Luft. Mindestens zwei mutmaßlich HC-unfreundliche Personen wurden auf Wunsch der FPÖ von der Polizei aus der Lugner-City entfernt.

Vor den Toren der Lugner-City hatten sich mehrere Gegner_innen von HC Strache und seiner rassistischen Politik versammelt, bei so gut wie allen Zugängen, gleich neben Infotischen der FPÖ. Wer zu HC wollte, musste zwangsläufig an den Antirassist_innen und Antifaschist_innen vorbei, ließ sich aber scheinbar trotzdem nicht bekehren.

Junge Strache-Fans, so sie sich von ihrem Idol losreißen konnten, kamen immer wieder mit Videokameras vorbei und filmten die Antifaschist_innen. Vereinzelt kam es zu Wortgefechten. Zumindest einmal schritt auch die Polizei ein und zeigte einen Jugendlichen wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung an. Kleiner Schönheitsfehler: der der Wiederbetätigung beschuldigte Jugendliche hatte an der antifaschistischen Kundgebung teilgenommen, und war über den Vorwurf, er habe die Hand zum Hitler-Gruß erhoben, einigermaßen perplex.

Bereits knapp eine Stunde vor Straches Auftritt erteilten rund 150 walzerselige Antirassist_innen Straches Aufruf „Mehr Mut für unser Wiener Blut. Zu viel Fremdes tut niemandem gut!“ eine Abfuhr und wiegten sich am nahen Urban-Loritz-Platz zu „Wiener Blut“ von Johann Strauß. „Wir lassen unsere Stadt in Vielfalt walzern!“, hieß es im Aufruf zu diesem Flashmob, und: „Wir wollen dem Verfolgungswahn und der Blut-und-Boden-Politik der FPÖ ein schönes Bild entgegensetzen. Bei uns walzern alle auf Wiener Blut, dem schönen Walzer von Johann Strauß Sohn – egal woher sie kommen, welche Religion sie haben oder ob sie keine haben, egal welche sexuelle Orientierung oder welches Geschlecht.“

>>Radiobeitrag der ZIP-FM-Lokalausgabe auf ORANGE 94.0 (15 Minuten)

 Posted by on Do., 2. September 2010 at 23:00