Anlässlich des mittlerweile 40. internationalen Hurentags demonstrierten am 2. Juni auch heuer wieder rund 80 Personen am Urban-Loritz-Platz für die volle Anerkennung der Menschen- und Frauenrechte und die Durchsetzung aller Arbeitsrechte für Sexarbeiter_innen.
Aufgerufen zum Hurentag wurde von LEFÖ – Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen –, von der Plattform www.sexworker.at, vom Verein PiA – das steht für Prävention, Beratung und Therapie bei sexueller Gewalt, von den Grünen Frauen Wien, vom Amnesty-International-Netzwerk Frauenrechte, von den KPÖ-Frauen sowie vom Referat für feministische Politik und vom Arbeitsbereich für Homo*bi*trans*inter*queer*-Angelegenheiten der ÖH Bundesvertretung.
Seit 14 Jahren macht LEFÖ – Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen – in Wien zum internationalen Hurentag Aktionen für die Verbesserung der Situation von Sexarbeiter_innen. Aber: Hat sich die Situation verbessert? Wir fragten LEFÖ und sexworker.at, was sich denn so seit dem letzten internationalen Hurentag getan hat:
Ein neues Polizeiliches Staatsschutzgesetz soll die Befugnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung und der Landesämter Verfassungsschutz an den Landespolizeidirektionen regeln. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat nun eine Petition gegen das Staatsschutzgesetz gestartet. Bereits am ersten Tag haben 1000 Personen unterschrieben. Derzeit sind es schon über 3000.
Telefoninterview der Nachrichten auf ORANGE 94.0 mit Thomas Lohninger vom AK Vorrat:
Mehr Informationen und die Petition:
https://staatsschutz.at/
In der Debatte über die geplanten Handelsabkommen TTIP, TiSAund CETA melden sich zunehmend auch Kunstschaffende und Kulturarbeiter_innen zu Wort.
Sie sorgen sich um kulturpolitische Handlungsspielräume, wenn auch Kunst und Kultur nur noch nach ökonomischen Marktkriterien bestimmt werden. Dadurch würden Erhalt und Förderung der Vielfalt künstlerischer und kultureller Ausdrucksformen gefährdet.
Den von der UNESCO ausgerufenen Welttag der kulturellen Vielfalt am 21. Mai wollten daher Künstler_innen in mehreren Ländern zum Aktionstag gegen TTIP machen. Vor dem Wiener Künstler*innenhaus protestierten 80 Künstler_innen und Sympathisant_innen.
Der österreichische Musikrat organisierte eine Nacht der kulturellen Vielfalt im Lokal Schwarzberg.
Beitrag der Nachrichten auf ORANGE 94.0 – zu Wort kommen Kurt Brazda vom Künstler*innenhaus, Harald Huber vom Musikrat und Zuzana Brejcha vom Kulturrat Österreich, dem Zusammenschluss der Interessenvertretungen von Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden:
[Beitrag von Katharina Gruber für die Nachrichten auf ORANGE 94.0]
Über 1000 Menschen starben in den letzten Wochen im Mittelmeer bei dem Versuch, nach Europa zu gelangen. Die EU antwortet mit verstärkten Grenzkontrollen und plant einen Militärschlag gegen Boote von Flüchtenden und den Einsatz von Bodentruppen an der libyschen Küste.
Für die Militäroperationen benötigt die EU ein Mandat des UNHCR, des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge. Aus diesem Grund rief die Initiative Freedom Not Frontex Vienna für Dienstag, den 19. Mai zu einer Kundgebung vor dem Vienna International Centre auf. Freedom Not Frontex fordert vom UNHCR der EU das Mandat zu verweigern, Militäroperationen an der libyschen Küste durchzuführen. Die Kundgebungsveranstalter_innen wiesen darauf hin, dass sich hinter dem Kampf gegen sogenannte Schlepper_innen ein Kampf gegen Flüchtende verbirgt.
Die Tausenden Toten im Mittelmeer der letzten Jahre seien keine tragischen Unfälle, sondern Resultat der europäischen Grenzpolitik.
Ein Beitrag von Katharina Gruber für die Nachrichten auf ORANGE 94.0:
Statt des bislang jedes Jahr stattgefundenen Festivals „Tanz durch den Tag“ gab es heuer eine Traumparademo. 500 Personen zogen am Donnerstag, dem 14. Mai kurz nach 15 Uhr beim Marcus-Omofuma-Stein los, über den Ring wurden es immer mehr, und am Ziel, der Prater Hauptallee, kamen schließlich an die 1500 an. Mehr Recht auf Freiraum wurde gefordert, mehr frei zugängliche Plätze, mehr Mitgestaltung im Stadtraum, und das Recht, kulturelle Bedürfnisse selbstbestimmt leben zu können. Wir sprachen mit einer derer, die das vorbereitet haben:
„Donaukanalwiese für alle!“ meinten mehr als 300 Menschen und belebten am 2. Mai jene Wiese am Donaukanal zwischen Augartenbrücke und Otto-Wagner-Schützenhaus, die – wenn es nach den Plänen der Bezirksvorstehung des 2. Bezirks geht – Platz für ein gigantisches kommerzielles Gastroprojekt machen soll. Es handelt sich dabei um die letzte große, zentrumsnahe Donaukanalwiese, die nun auch für ein Lokal mit Konsumzwang geopfert werden soll.
Dagegen kämpft eine Bürger_inneninitiative an, die Unterschriften für den Erhalt der derzeit noch frei zugänglichen Wiese sammelt, und die zu der Aktion am 2. Mai aufgerufen hat.
Die Donakanalwiese ist aber nicht die einzige umkämpfte Wiese im 2. Bezirk. Auch für den Erhalt der Kaiserwiese beim Prater kämpft eine Bürger_inneninitiative. Die Kaiserwiese ist seit geraumer Zeit zunehmend für kommerzielle Großveranstaltungen wie die „Wiener Wiesen“ und „Palazzo“ abgesperrt. Auch angrenzende Parkflächen werden beeinträchtigt und die Prater Hauptallee für Busse, Taxis, Lieferverkehr und Abstellflächen für die Veranstalter_innen geöffnet.
Wir sprachen auf der Donaukanalwiese mit Aktivist_innen der Bürger_inneninitiativen „Donaucanale für alle“ und „Kaiserwiese für alle“:
Mehr Informationen:
Am Freitag, dem 24. April, vor 100 Jahren begann der Genozid an den Armenier_innen, verantwortet vom Osmanischen Reich, damals Verbündeter von Österreich-Ungarn im ersten Weltkrieg. Nicht zuletzt in der Türkei werden die Gräueltaten bis heute nicht als Genozid anerkannt. Das offizielle Österreich erkennt den Massenmord seit gerade mal drei Tagen an. Erst nach fast 100 Jahren, also am Dienstag dieser Woche, wurde eine entsprechende gemeinsame Erklärung aller Nationalratsfraktionen verabschiedet.
Für eine weltweite Anerkennung des Genozids an 1,5 Millionen Armenier_innen und im Gedenken an dessen Opfer demonstrierten am 24. April in Wien 2.500 Menschen vom Resselpark zum Parlament. Aufgerufen dazu haben unter anderem Organisationen von Armenier_innen in Österreich sowie viele linke Gruppen – von der armenisch-apostolischen Kirchengemeinde über den armenischen Sport- und Pfadfinder_innenverein „Homenetmen“ bis zu KOMintern und ATIGF.
Gleichzeitig zogen 3000–4000 türkische Nationalist_innen, die von einem Genozid nichts wissen wollen, vom Westbahnhof zum Heldenplatz. Der Gedenkdemo mussten die Nationalist_innen weiträumig über das Schottentor ausweichen.
Es wurde vorgeblich im Namen der in Österreich lebenden türkischen Menschen die „Enttäuschung“ darüber ausgedrückt, dass der Nationalrat „die Ereignisse von 1915 gemäß einseitiger armenischer Erzählung als Völkermord verurteilt hat“, ohne ihre „Gefühle, Gedenken sowie Erinnerungen“ zu berücksichtigen. Die armenische Seite habe mit Besatzungsmächten kollaboriert und bis heute keine Erklärung abgegeben, dass sie den Tod von türkischen Zivilist_innen bedauere. Zwar hätten auch Armenier_innen bei Umsiedlungen Verluste erlitten, das sei aber ein gemeinsames Leid und kein Völkermord. „Völkermord“ sei eine Lüge, so Demoredner_innen.
Da die Teilnehmer_innen der Demo mit türkischen und österreichischen Fahnen beschenkt worden waren, vermittelte der Aufmarsch das Bild eines regelrechten Fahnenmeeres. Rechtsextreme Gruppen sollten offenbar nicht offensichtlich in Erscheinung treten. Bei Aufmärschen türkischer Nationalist_innen übliche Fahnen der Grauen Wölfe waren nicht zu sehen. Lediglich eine Fahne mit einem Wolfskopf wurde mitgetragen (deren Bedeutung mir nicht klar ist – die offiziellen Flaggen und Symbole der Grauen Wölfe sehen anders aus). Besonders auf der Abschlusskundgebung wurde jedoch von vielen die Hand zum „Wolfsgruß“ gehoben. Es sah so aus, als ob Ordner_innen – zumindest teilweise in Kontakt mit dem Verfassungsschutz – offen rechtsextreme Handlungen zu unterbinden trachteten.
Rund 2000 bis 3000 Personen gedachten am Abend des 20. Aprils der hunderten Refugees, die in den letzten Tagen beim Versuch, übers Mittelmeer nach Europa zu gelangen, ums Leben kamen (und der 20.000 Opfer der EU-Füchtlingsabwehr seit 1993). Spitzenpolitiker_innen aus Regierung und Nationalrat, zum Teil mitverantwortlich für die tödliche EU-Grenzpolitik, nahmen teil, durften aber nicht reden. Sie mussten den großteils scharfen Worten von Menschenrechtsaktivist*innen und Flüchtlingen zuhören. Sie mussten hören, wie ihre Politik die Menschen zu lebensgefährlichen Überfahrten zwingt. Sie mussten hören, dass sie es sind, die die Toten auf dem Gewissen haben, und dass es die vielfach kriminalisierten Fluchthelfer*innen sind, die versuchen, deren Leben zu retten. Und dass, wenn Flüchtlinge in die Hände tatsächlich krimineller Schlepper*innen geraten, dies auch die Schuld derer ist, die legale Fluchtwege verhindern.
Am Schluss kam dann noch kurz der Bundespräsident zu Wort.
Einige Antirassist*innen kritisierten es vor der Versammlung als Heuchelei, dass die verantwortlichen Politiker*innen nach besonders aufsehenerregenden Katastrophen eine Stunde lang Betroffenheit demonstrieren, um danach wieder ihr mörderisches Treiben fortzusetzen. Ein paar von ihnen wollten nicht Seite an Seite mit den Täter*innen der Opfer gedenken. Sie machten sich nach der Kundgebung zu einer Spontandemo auf. Diese wurde von der Polizei bei der ehemaligen Börse ohne vorherige Auflösung zerschlagen. Zwei Personen wurden Identitätsfeststellungen unterzogen.
Nachtrag: Die bei der Gedenkveranstaltung ihre Betroffenheit zur Schau tragenden Regierungsmitglieder beschlossen gleich am nächsten Tag im Minister_innenrat eine Verschärfung des Asylgesetzes. So sollen künftig Asylwerber_innen bereits nach erstinstanzlicher Ablehnung ihres Asylantrags trotz laufender Berufungsverfahren aus der Grundversorgung ausgeschlossen und auf die Straße gesetzt werden können, wenn ihrer Berufung keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wird.
Die gesamte Gedenkveranstaltung am 20. April 2015 am Minoritenplatz zum Anhören:
Am 19. April fand zum zweiten Mal eine Kundgebung der muslim_innenfeindlichen Pegida in Wien statt. Diesmal wurde erst gar nicht eine Demonstration geplant, sondern eine Standkundgebung mit großer Bühne im Resselpark. Rund 200 Pegida-Anhänger_innen lauschten den Worten zweier Redner aus der Schweiz und Deutschland. 400 antirassistische Gegendemonstrant_innen versuchten, die Pegida durch Sprechchöre zu stören. Die Polizei sorgte mit aus Tretgittern errichteten Schleusen und Pufferzonen für einen gehörigen Abstand der gegnerischen Gruppen.
In den Reden wurde gegen sogenannte Islamisierung und sogenannte Masseneinwanderung gewettert. Originellerweise wurde auch wiederholt ein Austritt aus der Nato gefordert.
Der Aufruf des Scheizer Redners zum Rütli-Schwur sorgte auch bei den Veranstalter_innen für Aufregung, da die zum Schwur erhobenen Hände sehr an den Kühnengruß erinnerten.
Pegida-Ordner_innen waren sichtlich bemüht, alles, was an Nazi-Grüße erinnerte, zu verhindern. Einzelne Teilnehmer_innen wurden von Pegida-Ordner_innen an die Polizei ausgeliefert.
Der Pressesprecher der Polizei, Paul Eidenberger, sprach von einem ruhigen Verlauf.
Die EU tötet Flüchtlinge! Das sagen unter anderem die Aktivist_innen des „Watch the Med Alarm Phone“ und rufen daher zu sofortigen direkten Aktionen gegen die mörderische Politik der EU auf:
Gestern Nacht sind mindestens 650 Bootsflüchtlinge ca. 73 Seemeilen nördlich der libyschen Küste auf dem Weg nach Italien ertrunken. Sie waren an Bord eines 30 Meter langen Kutters, der kenterte, als sich das Frachtschiff King Jacob näherte, um Hilfe zu leisten. Es gibt nur 28 Überlebende.
Es ist die größte Flüchtlings-Schiffskatastrophe in der neuerenGeschichte des Mittelmeers. Die EU ist mit ihrem Beschluss vom 27. August 2014, die Seenotrettung im Mittelmeer herunterzufahren, verantwortlich für dieses Massensterben. Die EU hätte die Mittel und die Möglichkeiten, die Flüchtlinge aus dem Mittelmeer zu retten. Aber sie lässt die Menschen ertrinken.
In den letzten Wochen wurden wir als Alarm-Telefon von Watch the Med direkte ZeugInnen, wenn Flüchtlinge auf Booten um das Überleben kämpften und Angehörige um sie bangten. Wir wurden zudem ZeugInnen, wie sich die Küstenwachen Italiens und Maltas sowie immer mehr Besatzungen kommerzieller Schiffe um Rettung bemühten, das Sterben aber oftmals nicht verhindern konnten, weil sie zur Rettung nicht ausreichend ausgerüstet waren. Hintergrund sind politische Entscheidungen der Europäischen Union.
Die Festung Europa hat in den letzten 25 Jahren zu zehntausenden Toten im Mittelmeer geführt.
Verantwortlich sind:
Die PolitikerInnen und Polizeien, die mit dem Schengen-Regime den pauschalen Visazwang und die organisierte Fahndung nach visalosen Flüchtlingen und MigrantInnen beschlossen haben,
die PolitikerInnen, die Polizeien und Militärs, die in den letzten 10 Jahren mit Frontex den Grenzschutz vor die Menschenrechte gestellt und seit dem arabischen Frühling das Meer zwischen Libyen und Italien zu einer Meeres-Hochsicherheitszone umgewandelt haben,
die EU-SpitzenpolitikerInnen, die am 27. August 2014 in Brüssel das Ende der italienischen Mare Nostrum Operation, das Herunterfahren der Rettungsprogramme im Mittelmeer und die Abschottungsoperation Triton-Frontex vor den italienischen Küsten beschlossen haben!
Sie tragen die Verantwortung für die tausenden von Toten der letzten Monate in der Meereszone zwischen Libyen und Italien.
Das Sterben muss ein Ende haben:
Wir fordern eine sofort einzurichtende direkte Fährverbindung für Flüchtlinge aus Tripolis und anderen Orten Nordafrikas nach Europa.
Wir fordern sichere und legale Wege, um Zufluchtsorte zu erreichen, ohne sich in tödliche Gefahren begeben zu müssen.
Wir rufen, über alle Konfessionen und politischen Spektren hinweg, zu sofortigen direkten Aktionen gegen die mörderische Politik der EU auf.
Watch the Med Alarm Phone
info@watchthemed.net