Eine bislang unbekannte „nudistische Offensive Wien“ (NOW) führte anlässlich der Angeloben von Innenministerin Fekter ihre erste Aktion durch und streckte der Präsidentschaftskanzlei, in der sie Angelobung stattfand, weitgehend entblößte Pos entgegen.
Weiters versuchte die NOW Fekter eine Petition zu überreichen, in der sie die sofortige Freilassung der inhaftierten Tierrechtsaktivist_innen und die Abschaffung des § 278a fordert.
Die NOW protestierte weiters auf Flugblättern gegen die bisherigen Äußerungen Fekters gegen die gesetzliche Gleichstellung Homosexueller oder zur Abschiebepolitik. Genauere Ausführung sind auf dem, während der Aktion verteilten Flugblatt, zu lesen.
Um die Petition und das Flugblatt zu lesen, bitte hier klicken:
PETITION:
Wien, Dienstag 1. Juli 2008
Freilassungsaufforderung an die neue Innenministerin Feker
Sehr geehrte frischangelobte Frau Ministerin Fekter,
Was uns am Oarsch geht, können Sie heute gerne lesen: „Weg mit dem §278!“
Seit dem 21. Mai 2008 sitzen 10 TierrechtsaktivistInnen in Untersuchungshaft. Ihnen wurde vorgeworfen, eine Kriminelle Organisation nach §278a StGB gebildet zu haben. Dieser Paragraph, der ursprünglich gegen zb. Geldwäscherei und Menschenhandel gerichtet wurde, wird willkürlich verwendet, um unbeliebten Aktivismus mundtot zu machen.
Wir meinen, daß es hier in Österreich nie wieder zur Verfolgung und Kriminalisierung von Menschen, die ihre Kritik an der Gesellschaft politisch äußern, kommen sollte. Deswegen fordern wir Sie als erste Handlung in Ihrer neuen Position auf, die 10 AktivistInnen freizulassen.
Wir fordern:
• die sofortige Freilassung der 10 wegen dem §278a inhaftierten TierrechtsaktivistInnen und die sofortig Einstellung aller Verfahren und Ermittlungen!!
• Bleiberecht für alle. Kein Mensch ist illegal!
• Gleiche Rechte für alle! Gegen Homophobie!
• Weg mit dem §278!!
Solidaritätskomitee NOW (Nudistische Offensive Wien)
FLUGBLATT:
Lieber nackt als verknackt – Weg mit dem §278 StGB!!!
Es gäbe genug Gründe gegen die Angelobung von Maria Fekter als neue Innenministerin zu protestieren. Weder ist sie dafür bekannt, dass sie in der aktuellen Diskussion um die Gleichstellung von Homosexuellen, noch bei der schon lange geforderten Schaffung eines effektiven Diskriminierungsverbot gegen Homosexuelle besonders fortschrittliche Standpunkte vertritt – ganz im Gegenteil tat sie sich diesbezüglich in ihrer Vergangenheit als Justizsprecherin der ÖVP eher als katholische Hardlinerin hervor. Auch was das Fremdenrecht betrifft, sollten ihre Aussagen aus der Vergangenheit – etwa wie die Abschiebung von „kriminellen Ausländern“ in ihre „Heimatländer“ nicht vergessen werden; dies lässt befürchten, dass von Fekter – hier hört sich die „christliche Nächstenliebe“ wohl auf – zu der schon längst überfälligen Legalisierung von Nicht-ÖsterreicherInnen ohne Papiere auch kein positiver Beitrag zu erwarten ist.
An diese Punkte gilt es anlässlich der Angelobung der selbsternannten „Law & Order“ Politikerin Fekter als Innenministerin selbstverständlich zu erinnern. Wir stehen heute hier aber aus einem aktuellen Anlass anderer Art. Vor gut eineinhalb Monaten stürmten Spezialeinheiten der Polizei – mit politischer Rückendeckung des Innenministeriums – 23 Wohnungen in Wien, Salzburg, Innsbruck und Graz. Die Hausdurchsuchungen richteten sich gegen AktivistInnen der Tierschutz- und Tierrechtsszene aus Österreich und Deutschland; gegen 10 der AktivistInnen lagen darüber hinaus Haftbefehle vor. Der den Hausdurchsuchungen und Haftbefehlen zugrunde liegende Vorwurf der ermittelnden Staatsanwaltschaft lautet auf Paragraph 278a StGB – Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation.
Der nun angelastete § 278a wurde 1993 im Strafgesetzbuch eingeführt, um bei der Bekämpfung sogenannter organisierter Kriminalität (unter anderem ging es in der damals von der FPÖ angestachelten Diskussion um angebliche „Schlepperbanden“, die Österreich bedrohen würden) bereits die Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation unter Strafe stellen zu können – ohne dass Mitgliedern konkrete Straftaten nachgewiesen werden müssen. Dieser Paragraph wird nun genau auf diese Weise gegen politische AktivistInnen angewendet. So wird die zwischenzeitlich verhängte und zumindest bis zum nächsten Haftprüfungstermin Anfang Juli verlängerte Untersuchungshaft lediglich damit begründet, dass „Verdunkelungsgefahr“ bestünde, da die AktivistInnen verschlüsselte E-Mails versendet hätten. Außerdem würde „Tatbegehungsgefahr“ bestehen, da die Beschuldigten langjährig in der Tierschutzszene aktiv gewesen seien und somit – im Falle einer Freilassung ja zwangsläufig wieder Mitglieder der fiktiven „kriminellen Organisation“ wären, sich also alleine durch den Schritt in die Freiheit wieder strafbar machen würden. Konkrete Delikte, die in Zusammenhang mit einzelnen Personen gebracht worden wären gibt es bisher nicht – lediglich eine bunte Liste unaufgeklärter Sachbeschädigungen der letzten 10 Jahre, die TierschützerInnen zugerechnet werden. Die Vermutung liegt also nahe, dass die verschiedenen Antitierschutz-Sonderkommissionen im Innenministerium nicht unbedingt sehr erfolgreich waren und jetzt eben unliebsame AktivistInnen, die durch ihre Tätigkeit in der Öffentlichkeit standen und damit greifbar waren, kriminalisieren und dies als „Erfolg“ verkaufen wollen.
Die Tierrechtsszene ist in Österreich zwar überschaubar, war aber in den letzten Jahren vor Allem aufgrund der Übernahme von international üblichen, in Österreich bis dahin kaum verwendeten, Kampagnenformen eine der aktivsten sozialen Bewegungen – und noch dazu relativ erfolgreich. Mit juristischen Mitteln war diesen Formen der Kampagnentätigkeit scheinbar nicht mehr weiter beizukommen. Denn mit dieser Welle an Hausdurchsuchungen und Verhaftungen fand die Repression gegen TierrechtlerInnen zwar ihren vorläufigen Höhepunkt, hatte aber schon eine längere Vorgeschichte. Soweit bisher bekannt geworden, wurden die von der Repression nun betroffenen AktivistInnen die letzten Monat über massiv überwacht. Neben dem Abhören von Telefonen und E-Mails wurde etwa auch eine Standortortung per Handydaten durchgeführt. Nicht auszuschließen ist, dass auch weitere Überwachungsmaßnahmen eingesetzt wurden, schließlich wird gerade die Tierrechtsszene seit rund 10 Jahren vom Verfassungsschutz als besonders gefährlich eingeschätzt, da mit dem Thema „Tierschutz“ auch Sympathien einer breiteren Öffentlichkeit für „radikale Anliegen“ gewonnen werden könnten. Auf einer anderen Ebene wurde es den AktivistInnen in den letzten Monaten durch schikanöse Behördenauflagen und angelasteten Übertretungen selbiger immer schwieriger gemacht, ihre Kampagnentätigkeit weiterzuführen.
Maria Fekter ist hier also gefragt, für Aufklärung um die Geschehnisse und politischen Hintergründe für diese offensichtlich lange vorher geplante Kriminalisierungskampagne gegen politisch aktive Menschen und Gruppen zu sorgen. Auch in ihrem eigenen Interesse hoffen wir, dass sich auch Fekter für die sofortige Aufhebung des Paragraphen 278 einsetzt. Nach unzähligen Polizeiskandalen in den Monaten sowie diversen dubiosen Regierungsbeschlüssen während der letzten ÖVP Regierungsperioden, wäre wohl nicht auszuschließen dass nicht auch die Wiener Polizei und/oder die ÖVP einmal in den begründeten Verdacht kommen könnten, eine kriminelle Organisation nach § 278a zu bilden.
Unglaublich ist es vor diesen Hintergründen, mit welcher – überhaupt nicht vorhandenen – Verhältnismäßigkeit hier gegen AktivistInnen und deren politisches Engagement vorgegangen wird. Um genau darauf mit Nachdruck hinzuweisen protestieren wir daher heute nackt vor der neuen Innenministerin und zeigen uns somit von unserer besten Seite. Wir fordern daher noch einmal explizit:
• Die sofortige Einstellung aller Ermittlungen und Verfahren und Freilassung aller Inhaftierten, die aufgrund dieser nicht konkretisierten Anschuldigungen in U-Haft sitzen
• Die sofortige Offenlegung aller Überwachungsmaßnahmen gegen AktivistInnen aufgrund deren politischer Arbeit.
• Die sofortige Abschaffung des § 278, da dieser wiederholt zur Kriminalisierung von politischen AktivistInnen eingesetzt wird.
• Die sofortige Auflösung aller Antitierschutz Sonderkommissionen im Innenministerium nach diesem skandalösen Vorgehen der Polizei.
Nähere Infos unter http://antirep2008.lnxnt.org
Aktionskomitee Nudistische Offensive Wien – NOW
1.Juli 2008
Ein foto gibt es auf Indymedia zu sehen: http://at.indymedia.org/node/10693