Im Anschluss an eine Fachtagung zur Stärkung von Kindern und Jugendliche gegen
häusliche Gewalt wiesen die Veranstalter_innenöffentlich auf weitverbreitete Überforderung und Überlastung im Umgang mit häuslicher Gewalt hin. Dies werde auch durch den Fall in Amstetten deutlich illustriert. Am schlimmsten sei, dass Frau F. seit ihrem elften Lebensjahr sexuell
missbraucht wurde und trotz Fluchtversuchs keine Hilfe erhielt, keinen
Ausweg fand. Deshalb ist es so wichtig, dass wir Kindern wirklich zuhören
und sie ernst nehmen“, betont Mag.a Maria Rösslhumer vom Verein Autonome Österreichische
Frauenhäuser. Das werde angesichts der aktuellen Zahlen noch deutlicher:
Zwischen 2004 und 2006 kam es zu 1.874 Anzeigen wegen sexuellen Missbrauchs,
wobfei es zu 509 Verurteilungen kam. Die geschätzte Dunkelziffer bei
Missbrauchsdelikten liegt bei 10.000 bis 25.000. Wie Rösslhumer hervorhob,
sehen sich die Frauenhäuser deshalb auch explizit als
Kinderschutzeinrichtungen.
Eine Studie belegt, dass Geschwister und Freund_innen zu den wichtigsten Bezugspersonen im Umgang mit amiliären Problemen zählen. Gleichzeitig würden es sechs von zehn der befragten
SchülerInnen begrüßen, wenn sie in der Schule über die Problematik äuslicher Gewalt umfassend aufgeklärt würden. Bislang fehlen an den österreichischen Schulen und Kindergärten aber die nötigen Strukturen für räventivmaßnahmen und das Verhältnis der Kinder zu ihren BetreuerInnen und
LehrerInnen ist oft von Vorbehalten geprägt.
Aus diesem Grund fordern die Veranstalterinnen der Tagung:
• fixe Verankerung des Themas ‚häusliche Gewalt’ in der Ausbildung
sämtlicher Berufsgruppen, die mit Kindern bzw. Jugendlichen arbeiten
• verpflichtende Fort-, Weiterbildung & Updates für Berufsgruppen,
die mit Kindern bzw. Jugendlichen arbeiten
• ExpertInnen zum Thema Gewalt an jeder Schule
• Beginn der Gewaltpräventionsarbeit mit Kindern in den ersten
Bildungseinrichtungen (Kindergarten)
• Fixe Verankerung von Präventionsworkshops für Kinder/Jugendliche an
Schulen
• Männerberatungsstellen sind aufgefordert, sich vermehrt der
Burschenarbeit/Gewaltpräventionsarbeit mit Burschen zu widmen
• mehr Budget für Forschung im Bereich häuslicher Gewalt
Wer Kindern und Jugendlichen helfen will, benötigt aber sehr häufig selber
Hilfe. Die Inhalte der Tagung richtete sich daher an sämtliche pädagogischen
Berufsgruppen zur verstärkten Verankerung des professionellen Wissens um die
Gewaltproblematik für den Arbeitsalltag. Genau hier setzt das
länderübergreifende EU-Daphne-Projekt „Kinder und Jugendliche gegen
häusliche Gewalt“, das seit März 2007 auch in Österreich realisiert wird,
an. Im Rahmen dieses Projekts werden in Kooperation mit Schulen und
Jugendorganisationen kostenlose Workshops mit Kindern und Jugendlichen
organisiert, wobei sowohl das Vorwissen zum Thema häusliche Gewalt
evaluiert, als auch umfassend über Unterstützungsangebote informiert wird.
Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Rolle von Gleichaltrigen als
Vertrauenspersonen gelegt – ein klares Signal an die Heranwachsenden, dass
sie in ihrem Kampf für ein gewaltfreies Leben nicht allein gelassen werden,
wie auch Seith in ihren Ausführungen betonte, denn: „Die Überwindung von
Zugangsbarrieren zu Hilfe und Unterstützung gehört zu den Kernproblemen des
gesellschaftlichen Umgangs mit häuslicher Gewalt.“