Juni 062015
 

Mehr als 300 Rechtsextreme marschierten am 6. Juni beim Aufmarsch der Identitären mit massivem Polizeischutz durch Wien. Hunderte Antifaschist_innen versuchten sie – teilweise erfolgreich – zu blockieren.

Am Columbusplatz in Wien 10 war seit der Früh ein Sammelort für die Identitären von der Polizei mit Tretgittern reserviert. Wer das Areal betreten durfte, bestimmten identitäre Ordner_innen. Um 11 Uhr trafen sich am nahen Reumannplatz rund 350 Gegendemonstrant_innen zu einer von der „Offensive gegen rechts“ organisierten antifaschistischen Demonstration. Diese zog zwischen 11.30 und 12 Uhr bis kurz vor den Columbusplatz. Zirka 100 Meter vor dem Sammelplatz der Identitären endete die Demo an polizeilichen Tretgittern.

Für 12 Uhr hatte das Bündnis antifaschistischer Gruppen „Turn Left – Smash Right“ zum Columbusplatz mobilisiert. In kleineren Gruppen gelang es Antifaschist_innen, bis an die Grenzen des rechtsextremen Sammelorts zu gelangen. Auch eine Gruppe Clowns mit aufgemalten Identitären-Symbolen kam. Sie karikierten die Identitären mit Tafeln wie „Österreichischer Fortpflanzungsplan statt Genderwahn“. Mit Unterstützung der Polizei hinderten die Identitären-Ordner_innen sie daran, sich der sich langsam bildenden rechtsextremen Kundgebung anzuschließen.

Gegen 13 Uhr kam eine vom Hauptbahnhof losgezogene rund hundertköpfige Gruppe von Rechtsextremen an. Kurz danach zogen die Rechtsextremen, mittlerweile auf mehr als 300 Personen angewachsen, los: über die Columbusgasse und die Davidgasse zum Reumannplatz. Ursprünglich wollten die Identitären bis zum Verteilerkreis gehen. Das ließen sie aber doch bleiben.

Die gesamte Route war von der Polizei mit Tretgittern nach allen Seiten abgesperrt. Dennoch gelang es einzelnen Antifaschist_innen, die sich rechtzeitig in den später abgesperrten Bereich begeben hatten, an einzelnen Orten die identitäre Demo für kurze Zeit aufzuhalten. Es kann auch sein, dass einzelne Polizeisperrungen von Antifaschist_innen durchbrochen worden sind – das ist aber nicht belegt.

Eine größere Blockade an der Ecke Columbusgasse/Keplerplatz wurde von der Polizei bereits vor dem Losziehen der Identitären aufgelöst.

Als die Identitären am Reumannplatz ankamen, hatte die Polizei bereits wieder einen eigenen Bereich für sie abgesperrt. Bei der Straßenbahnstation der Linie 67 kamen sich Rechtsextreme und Antifaschist_innen trotzdem sehr nahe – auch wenn sie ein Polizeigitter trennte. Bengalische Feuer flogen in beiden Richtungen. Eine dieser pyrotechnischen Fackeln wurde von einem Identitären auf die Überdachung der Straßenbahnstation geworfen, die daraufhin Feuer fing. Der Kunststoff der Überdachung schmolz, Flammen loderten einen halben Meter hoch. Nach einigen Minuten löschten Polizist_innen das Feuer mit Handfeuerlöschern. Wenig später kamen auch noch fünf Feuerwehrautos.

Kurz vor 14 Uhr beendeten die Identitären ihre Abschlusskundgebung am Reumannplatz. Sie wurden von der Polizei zur U-Bahn eskortiert.

Ein ganzer U-Bahn-Zug stand fast ausschließlich den Identitären und sie begleitenden Polizist_innen zur Verfügung. Andere Fahrgäste gab es fast nicht (aber schon auch), da zuvor alle U-Bahn-Abgänge abgesperrt worden waren.

Ohne Vorankündigung fuhr der Zug ohne Aufenthalt in dazwischenliegenden Stationen bis zum Stephansplatz durch. Erst nach dem Keplerplatz wurden die Fahrgäste von dieser Fahrplanänderung informiert.

Am Stephansplatz stiegen zahlreiche Identitäre aus. Die begleitenden Polizist_innen stiegen auch aus. Während sich die Polizei zu den verschiedenen Aufgängen begab und formierte, stiegen die Identitären wieder ein, die Türen schlossen sich, der Zug fuhr ab. Es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, ob die Polizei hier von den Identitären ausgetrickst wurde, oder dies von vornherein so geplant war. In den unterschiedlichen Wagen erhielten die Identitären unterschiedliche Weisungen von ihren Ordner_innen. (Einem anderen Bericht zufolge seien am Reumannplatz Ordner_innen durchgegangen und hätten die Identitären angewiesen, am Praterstern auszusteigen. Demnach müsste die Polizei von ihrem tatsächlichen Ziel gewusst haben.)

Erst beim Praterstern verließen die Identitären wirklich den Zug. Am praterseitigen Bahnhofsvorplatz sammelten sich die Identitären erneut und nahmen Aufstellung zu einem Gruppenfoto. Polizei war hier keine mehr zu sehen. Währenddessen kamen auch bereits erste Antifaschist_innen nach und skandierten antifaschistische Parolen. Einzelne Identitäre stürmten auf sie zu. Ordner_innen der Identitären hielten sie aber auf und bewogen sie zum Zurückweichen. Das gelang den Ordner_innen aber nur kurze Zeit. Nachdem ein Identitärer eine Bierdose auf die Antifaschist_innen geworfen hatte und diese zurückgeworfen worden war, stürmten mehrere Identitäre mit Stangen auf die Antifaschist_inen los, schlugen auf sie ein, warfen sie zu Boden, traten auf sie und stiegen auf sie drauf. Ein Antifaschist wurde verletzt. „Turn Left – Smash Right“ schrieb dazu in einer Aussendung: „Einer Person, die bereits zu Boden gegangen war, wurde wiederholt gegen den Kopf getreten. Sie musste mit dem Krankenwagen abtransportiert werden, konnte aber glücklicherweise mittlerweile wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden.“ Ein Identitärer, der von anderen Identitären irrtümlich auch niedergeschlagen wurde, zog sich auch Verletzungen zu. Die Identitären zogen daraufhin ab in Richtung Prater. Ein paar Minuten später, kam auch die Polizei an, und begleitete den am Gehsteig gehenden Identitärenzug mit Polizeiautos auf der Fahrbahn.

Laut Polizei-Pressesprecher Hahslinger sollen Polizist_innen die ganze Zeit dabei gewesen sein, auch bei dem Angriff der Rechtsextremen auf die Antifaschist_innen. Auf die Frage in einem Interview für die Nachrichten auf ORANGE 94.0, warum die Polizei dann nicht eingeschritten sei, wenn sie eh dort gewesen sein soll, sagte Hahslinger: „Weil zu diesem Zeitpunk die Polizei das nicht vorhersehen konnte, dass es zu diesem Konflikt kommt, sie klar in der Unterzahl war und deswegen ein Aufschub des Einschreitens gemacht wurde. Es wurde aber alles gesichert, es wird alles angezeigt und im Nachhinein dann aufgeklärt.“

Aufgrund mehrerer Anfragen: Das komplette Interview mit Polizeisprecher Hahslinger zum Anhören:

[display_podcast]

http://nochrichten.net/wp-content/uploads/2015/06/20150606hahslinger-prater.mp3

Im Prater zogen noch rund 150–200 Identitäre ins Lokal „Das Alpendorf“ (wo früher der „Walfisch“ war, neben dem Toboggan). Nach einiger Zeit kam auch mehr Polizei nach. Zuerst machten Ordner_innen der Identitären Zugangskontrollen beim Lokaleingang. Später wurde das Tor geschlossen und Polizist_innen kamen und bewachten den Eingang.

Auch immer mehr Antifaschist_innen sammelten sich vor dem „Alpendorf“. Immer mehr Polizeieinheiten positionierten sich in der Gegend rund ums Alpendorf. Eine Hundestaffel ging in den Gastgarten hinein.

Draußen bewegten sich die Polizeieinheiten in nicht nachvollziehbarer Weise. Antifaschist_innen gingen ihnen nach, dann gingen Polizist_innen den Antifaschist_innen nach und dann wieder umgekehrt. Ein Polizist sprach von einer „Zerstreuungstaktik“. Wenn die Polizei wirklich damit versucht hatte, die bis dahin ziemlich geschlossen vor dem Lokal stehenden Antifaschist_innen auseinanderzubringen, so ist die Taktik aufgegangen.

Dennoch blieben Eingang sowie ein Hinterausgang des Lokals von zumindest einigen Antifaschist_innen bewacht. Im Gastgarten diskutierten inzwischen einige Polizist_innen mit den Identitären die weitere Vorgangsweise.

Aus dem Lokal warf ein Identitärerer einen Aschenbecher auf Antifaschist_innen. Auch Essbesteck soll rausgeworfen worden sein.

Gegen 16 Uhr wurden die Identitären von der Polizei am Hinterausgang aus dem Lokal geschleust und Richtung Praterstern eskortiert.

Aus dem neben dem „Alpendorf“ stehenden Toboggan, einer als historische Praterattraktion geltenden Riesenrutsche, tönte laut Musik: „Alles Nazischweine“.

Nachdem ein Antifaschist einen Polizisten darauf aufmerksam machte, dass ein Identitärer auffällig ein Messer in der Lederhose trug, ließ sich der Polizist das Messer zeigen, sah es sich an, und gab es dem Rechtsextremisten wieder zurück.

Am Praterstern begaben sich die meisten Identitären wieder zur U-Bahn. Sie zogen aber nicht mehr geschlossen ab. Einige fuhren Richtung Reumannplatz, stiegen aber in unterschiedlichen Stationen aus.

Eine größere Gruppe fuhr zum Kagraner Platz und hielt noch einen Fototermin ab, berichtete @dopiradikal via Twitter.

Laut Rechtshilfe gab es keine bestätigten Festnahmen. Laut Polizei gab es sechs Verletzte, keine Festnahmen, mehrere Identitätsfeststellungen sowie strafrechtliche und verwaltungsrechtliche Anzeigen.

Bericht in den Nachrichten auf ORANGE 94.0 am 12. Juni 2015:


Weitere Berichte:

Minutiöse Berichterstattung im Ticker der Rosa Antifa Wien: https://ticker.raw.at/?showAll=1 (nicht dauerhaft)

Aussendung des Bündnisses „Turn Left – Smash Right“:
„Antifaschist_innen und Journalist_innen von ,Identitären’ angegriffen und verletzt
Naziaufmarsch nach entschlossenem Protest frühzeitig abgebrochen“
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150606_OTS0040/antifaschistinnen-und-journalistinnen-von-identitaeren-angegriffen-und-verletzt

Aussendung der AUGE/UG:
„AUGE/UG: Rechtsextreme Angriffe auf AntifaschistInnen und Gewerkschafter
Rassistische und neofaschistische Identitäre zeigten heute ihr wahres Gesicht“
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150606_OTS0041/augeug-rechtsextreme-angriffe-auf-antifaschistinnen-und-gewerkschafter

Resümee auf schmetterlingssammlung.at:
„10 Dinge, die wir bei der Gegendemo zu den Identitären gelernt haben“
http://schmetterlingssammlung.net/2015/06/06/10-dinge-die-wir-bei-der-gegendemo-zu-den-identitaren-gelernt-haben/

Bericht der Autonomen Antifa Wien:
http://autonome-antifa.net/index.php/2015/06/07/bericht-zu-den-aktionen-gegen-den-naziaufmarsch-am-6-juni-in-wien/

 Posted by on Sa.., 6. Juni 2015 at 23:29
Juni 062015
 

Anlässlich des mittlerweile 40. internationalen Hurentags demonstrierten am 2. Juni auch heuer wieder rund 80 Personen am Urban-Loritz-Platz für die volle Anerkennung der Menschen- und Frauenrechte und die Durchsetzung aller Arbeitsrechte für Sexarbeiter_innen.
Aufgerufen zum Hurentag wurde von LEFÖ – Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen –, von der Plattform www.sexworker.at, vom Verein PiA – das steht für Prävention, Beratung und Therapie bei sexueller Gewalt, von den Grünen Frauen Wien, vom Amnesty-International-Netzwerk Frauenrechte, von den KPÖ-Frauen sowie vom Referat für feministische Politik und vom Arbeitsbereich für Homo*bi*trans*inter*queer*-Angelegenheiten der ÖH Bundesvertretung.
Seit 14 Jahren macht LEFÖ – Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen – in Wien zum internationalen Hurentag Aktionen für die Verbesserung der Situation von Sexarbeiter_innen. Aber: Hat sich die Situation verbessert? Wir fragten LEFÖ und sexworker.at, was sich denn so seit dem letzten internationalen Hurentag getan hat:

 Posted by on Sa.., 6. Juni 2015 at 23:07
Juni 042015
 

Ein neues Polizeiliches Staatsschutzgesetz soll die Befugnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung und der Landesämter Verfassungsschutz an den Landespolizeidirektionen regeln. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat nun eine Petition gegen das Staatsschutzgesetz gestartet. Bereits am ersten Tag haben 1000 Personen unterschrieben. Derzeit sind es schon über 3000.

Telefoninterview der Nachrichten auf ORANGE 94.0 mit Thomas Lohninger vom AK Vorrat:

Mehr Informationen und die Petition:
https://staatsschutz.at/

 Posted by on Do.., 4. Juni 2015 at 14:34
Mai 232015
 

In der Debatte über die geplanten Handelsabkommen TTIP, TiSAund CETA melden sich zunehmend auch Kunstschaffende und Kulturarbeiter_innen zu Wort.
Sie sorgen sich um kulturpolitische Handlungsspielräume, wenn auch Kunst und Kultur nur noch nach ökonomischen Marktkriterien bestimmt werden. Dadurch würden Erhalt und Förderung der Vielfalt künstlerischer und kultureller Ausdrucksformen gefährdet.
Den von der UNESCO ausgerufenen Welttag der kulturellen Vielfalt am 21. Mai wollten daher Künstler_innen in mehreren Ländern zum Aktionstag gegen TTIP machen. Vor dem Wiener Künstler*innenhaus protestierten 80 Künstler_innen und Sympathisant_innen.
Der österreichische Musikrat organisierte eine Nacht der kulturellen Vielfalt im Lokal Schwarzberg.

Beitrag der Nachrichten auf ORANGE 94.0 – zu Wort kommen Kurt Brazda vom Künstler*innenhaus, Harald Huber vom Musikrat und Zuzana Brejcha vom Kulturrat Österreich, dem Zusammenschluss der Interessenvertretungen von Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden:

 Posted by on Sa.., 23. Mai 2015 at 15:22
Mai 222015
 

[Beitrag von Katharina Gruber für die Nachrichten auf ORANGE 94.0]

Über 1000 Menschen starben in den letzten Wochen im Mittelmeer bei dem Versuch, nach Europa zu gelangen. Die EU antwortet mit verstärkten Grenzkontrollen und plant einen Militärschlag gegen Boote von Flüchtenden und den Einsatz von Bodentruppen an der libyschen Küste.

Für die Militäroperationen benötigt die EU ein Mandat des UNHCR, des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge. Aus diesem Grund rief die Initiative Freedom Not Frontex Vienna für Dienstag, den 19. Mai zu einer Kundgebung vor dem Vienna International Centre auf. Freedom Not Frontex fordert vom UNHCR der EU das Mandat zu verweigern, Militäroperationen an der libyschen Küste durchzuführen. Die Kundgebungsveranstalter_innen wiesen darauf hin, dass sich hinter dem Kampf gegen sogenannte Schlepper_innen ein Kampf gegen Flüchtende verbirgt.

Die Tausenden Toten im Mittelmeer der letzten Jahre seien keine tragischen Unfälle, sondern Resultat der europäischen Grenzpolitik.

Ein Beitrag von Katharina Gruber für die Nachrichten auf ORANGE 94.0:

 Posted by on Fr.., 22. Mai 2015 at 19:24
Mai 142015
 

Statt des bislang jedes Jahr stattgefundenen Festivals „Tanz durch den Tag“ gab es heuer eine Traumparademo. 500 Personen zogen am Donnerstag, dem 14. Mai kurz nach 15 Uhr beim Marcus-Omofuma-Stein los, über den Ring wurden es immer mehr, und am Ziel, der Prater Hauptallee, kamen schließlich an die 1500 an. Mehr Recht auf Freiraum wurde gefordert, mehr frei zugängliche Plätze, mehr Mitgestaltung im Stadtraum, und das Recht, kulturelle Bedürfnisse selbstbestimmt leben zu können. Wir sprachen mit einer derer, die das vorbereitet haben:

 Posted by on Do.., 14. Mai 2015 at 22:13
Mai 032015
 

„Donaukanalwiese für alle!“ meinten mehr als 300 Menschen und belebten am 2. Mai jene Wiese am Donaukanal zwischen Augartenbrücke und Otto-Wagner-Schützenhaus, die – wenn es nach den Plänen der Bezirksvorstehung des 2. Bezirks geht – Platz für ein gigantisches kommerzielles Gastroprojekt machen soll. Es handelt sich dabei um die letzte große, zentrumsnahe Donaukanalwiese, die nun auch für ein Lokal mit Konsumzwang geopfert werden soll.

Dagegen kämpft eine Bürger_inneninitiative an, die Unterschriften für den Erhalt der derzeit noch frei zugänglichen Wiese sammelt, und die zu der Aktion am 2. Mai aufgerufen hat.

Die Donakanalwiese ist aber nicht die einzige umkämpfte Wiese im 2. Bezirk. Auch für den Erhalt der Kaiserwiese beim Prater kämpft eine Bürger_inneninitiative. Die Kaiserwiese ist seit geraumer Zeit zunehmend für kommerzielle Großveranstaltungen wie die „Wiener Wiesen“ und „Palazzo“ abgesperrt. Auch angrenzende Parkflächen werden beeinträchtigt und die Prater Hauptallee für Busse, Taxis, Lieferverkehr und Abstellflächen für die Veranstalter_innen geöffnet.

Wir sprachen auf der Donaukanalwiese mit Aktivist_innen der Bürger_inneninitiativen „Donaucanale für alle“ und „Kaiserwiese für alle“:


Mehr Informationen:


https://donaucanale.wordpress.com

https://www.facebook.com/groups/340407559459205/

 Posted by on So.., 3. Mai 2015 at 20:51
Apr. 252015
 

Am Freitag, dem 24. April, vor 100 Jahren begann der Genozid an den Armenier_innen, verantwortet vom Osmanischen Reich, damals Verbündeter von Österreich-Ungarn im ersten Weltkrieg. Nicht zuletzt in der Türkei werden die Gräueltaten bis heute nicht als Genozid anerkannt. Das offizielle Österreich erkennt den Massenmord seit gerade mal drei Tagen an. Erst nach fast 100 Jahren, also am Dienstag dieser Woche, wurde eine entsprechende gemeinsame Erklärung aller Nationalratsfraktionen verabschiedet.
Für eine weltweite Anerkennung des Genozids an 1,5 Millionen Armenier_innen und im Gedenken an dessen Opfer demonstrierten am 24. April in Wien 2.500 Menschen vom Resselpark zum Parlament. Aufgerufen dazu haben unter anderem Organisationen von Armenier_innen in Österreich sowie viele linke Gruppen – von der armenisch-apostolischen Kirchengemeinde über den armenischen Sport- und Pfadfinder_innenverein „Homenetmen“ bis zu KOMintern und ATIGF.
Gleichzeitig zogen 3000–4000 türkische Nationalist_innen, die von einem Genozid nichts wissen wollen, vom Westbahnhof zum Heldenplatz. Der Gedenkdemo mussten die Nationalist_innen weiträumig über das Schottentor ausweichen.
Es wurde vorgeblich im Namen der in Österreich lebenden türkischen Menschen die „Enttäuschung“ darüber ausgedrückt, dass der Nationalrat „die Ereignisse von 1915 gemäß einseitiger armenischer Erzählung als Völkermord verurteilt hat“, ohne ihre „Gefühle, Gedenken sowie Erinnerungen“ zu berücksichtigen. Die armenische Seite habe mit Besatzungsmächten kollaboriert und bis heute keine Erklärung abgegeben, dass sie den Tod von türkischen Zivilist_innen bedauere. Zwar hätten auch Armenier_innen bei Umsiedlungen Verluste erlitten, das sei aber ein gemeinsames Leid und kein Völkermord. „Völkermord“ sei eine Lüge, so Demoredner_innen.
Da die Teilnehmer_innen der Demo mit türkischen und österreichischen Fahnen beschenkt worden waren, vermittelte der Aufmarsch das Bild eines regelrechten Fahnenmeeres. Rechtsextreme Gruppen sollten offenbar nicht offensichtlich in Erscheinung treten. Bei Aufmärschen türkischer Nationalist_innen übliche Fahnen der Grauen Wölfe waren nicht zu sehen. Lediglich eine Fahne mit einem Wolfskopf wurde mitgetragen (deren Bedeutung mir nicht klar ist – die offiziellen Flaggen und Symbole der Grauen Wölfe sehen anders aus). Besonders auf der Abschlusskundgebung wurde jedoch von vielen die Hand zum „Wolfsgruß“ gehoben. Es sah so aus, als ob Ordner_innen – zumindest teilweise in Kontakt mit dem Verfassungsschutz – offen rechtsextreme Handlungen zu unterbinden trachteten.

 Posted by on Sa.., 25. April 2015 at 15:35
Apr. 202015
 

Rund 2000 bis 3000 Personen gedachten am Abend des 20. Aprils der hunderten Refugees, die in den letzten Tagen beim Versuch, übers Mittelmeer nach Europa zu gelangen, ums Leben kamen (und der 20.000 Opfer der EU-Füchtlingsabwehr seit 1993). Spitzenpolitiker_innen aus Regierung und Nationalrat, zum Teil mitverantwortlich für die tödliche EU-Grenzpolitik, nahmen teil, durften aber nicht reden. Sie mussten den großteils scharfen Worten von Menschenrechtsaktivist*innen und Flüchtlingen zuhören. Sie mussten hören, wie ihre Politik die Menschen zu lebensgefährlichen Überfahrten zwingt. Sie mussten hören, dass sie es sind, die die Toten auf dem Gewissen haben, und dass es die vielfach kriminalisierten Fluchthelfer*innen sind, die versuchen, deren Leben zu retten. Und dass, wenn Flüchtlinge in die Hände tatsächlich krimineller Schlepper*innen geraten, dies auch die Schuld derer ist, die legale Fluchtwege verhindern.

Am Schluss kam dann noch kurz der Bundespräsident zu Wort.

Einige Antirassist*innen kritisierten es vor der Versammlung als Heuchelei, dass die verantwortlichen Politiker*innen nach besonders aufsehenerregenden Katastrophen eine Stunde lang Betroffenheit demonstrieren, um danach wieder ihr mörderisches Treiben fortzusetzen. Ein paar von ihnen wollten nicht Seite an Seite mit den Täter*innen der Opfer gedenken. Sie machten sich nach der Kundgebung zu einer Spontandemo auf. Diese wurde von der Polizei bei der ehemaligen Börse ohne vorherige Auflösung zerschlagen. Zwei Personen wurden Identitätsfeststellungen unterzogen.

Nachtrag: Die bei der Gedenkveranstaltung ihre Betroffenheit zur Schau tragenden Regierungsmitglieder beschlossen gleich am nächsten Tag im Minister_innenrat eine Verschärfung des Asylgesetzes. So sollen künftig Asylwerber_innen bereits nach erstinstanzlicher Ablehnung ihres Asylantrags trotz laufender Berufungsverfahren aus der Grundversorgung ausgeschlossen und auf die Straße gesetzt werden können, wenn ihrer Berufung keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wird.

Die gesamte Gedenkveranstaltung am 20. April 2015 am Minoritenplatz zum Anhören:

 Posted by on Mo.., 20. April 2015 at 22:57
Apr. 192015
 

Am 19. April fand zum zweiten Mal eine Kundgebung der muslim_innenfeindlichen Pegida in Wien statt. Diesmal wurde erst gar nicht eine Demonstration geplant, sondern eine Standkundgebung mit großer Bühne im Resselpark. Rund 200 Pegida-Anhänger_innen lauschten den Worten zweier Redner aus der Schweiz und Deutschland. 400 antirassistische Gegendemonstrant_innen versuchten, die Pegida durch Sprechchöre zu stören. Die Polizei sorgte mit aus Tretgittern errichteten Schleusen und Pufferzonen für einen gehörigen Abstand der gegnerischen Gruppen.
In den Reden wurde gegen sogenannte Islamisierung und sogenannte Masseneinwanderung gewettert. Originellerweise wurde auch wiederholt ein Austritt aus der Nato gefordert.
Der Aufruf des Scheizer Redners zum Rütli-Schwur sorgte auch bei den Veranstalter_innen für Aufregung, da die zum Schwur erhobenen Hände sehr an den Kühnengruß erinnerten.
Pegida-Ordner_innen waren sichtlich bemüht, alles, was an Nazi-Grüße erinnerte, zu verhindern. Einzelne Teilnehmer_innen wurden von Pegida-Ordner_innen an die Polizei ausgeliefert.
Der Pressesprecher der Polizei, Paul Eidenberger, sprach von einem ruhigen Verlauf.

 Posted by on So.., 19. April 2015 at 22:53