Jun 092010
 

Das Ausmaß der Proteste am Bildungsaktionstag 9. Juni und anlässlich des G20-Finanzminister_innentreffens in Wien war – zumindest gemessen an der Uni-brennt-Bewegung des vergangenen Herbstes – eher bescheiden. Aus gutem Grund wurde in der Vorbereitung eher auf kleine, dezentrale und kreative Aktionen gesetzt. Wir warten leider noch auf Berichte.

Zu einer für 17 Uhr angekündigten Kundgebung „Weg mit der (Bildungs-)Krise“ kamen immerhin fast 300 Personen. Ein mehr als eine Stunde verspäteter Beginn und eineinhalb Stunden Reden reduzierten die Teilnehmer_innenzahl auf gut die Hälfte (170), bis zu einer Demonstration aufgebrochen werden konnte, die auf den ersten Blick sehr gut vorbereitet zu sein schien. So führte die Route an zahlreichen Botschaften und Banken vorbei. Zu den Orten und deren Hintergründen wurden Informationen an die Demonstrant_innen verteilt. Bei der Demo selbst war aber nicht mehr der geringste Versuch der Vermittlung der recherchierten Inhalte zu erkennen. Auf halbem Weg, am Schwarzenbergplatz, erklärte ein sich aus irgendeinem Grund dazu berechtigt Fühlender zur Überraschung auch der Polizei die Demonstration für beendet. Nach einigem Hin- und Her setzte ein Großteil der Demonstrant_innen aber doch ihren Weg fort.

Die Polizei war mit überaus viel Personal vertreten, verhielt sich aber großteils friedlich. Bisweilen konnte sich des Eindrucks nicht erwehrt werden, dass die Demo ihre selbst gewählten Ziele wie beispielsweise die deutsche Botschaft nur dank der Polizeisabsperrungen gefunden hat.

Nur Einzelnen gelang es gelegentlich mittels Sprechchören den Anlass der Demonstration zumindest ansatzweise in Erinnerung zu rufen.

Gelungen war hingegen eine Demonstration für einen bundeseinheitlichen Rechtsanspruch auf persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderungen am Vormittag vor dem Sozialministerium. „Persönliche Assistenz ist ein Menschenrecht!“ erklärte dazu der Verein Bizeps. In Österreich gebe es derzeit in jedem Bundesland andere Bestimmungen zu diesem Thema, so Bizeps.
http://www.bizeps.or.at/news.php?nr=7

Das wären die Inhalte zur Demoroute „Weg mit der (Bildungs-)Krise“ gewesen:

Ring:

Die Hotels:
Die IIF-/G20-Meeting Teilnehmer*(innen) steigen unter anderem in diesen Hotels ab, deren Preise für die Mehrzeit der Menschen höchstwahrscheinlich für immer unerschwinglich sein werden – LUXUS FÜR ALLE!

Schwarzenbergplatz

Raiffeisen Zentralbank (Schwarzenbergplatz 3)
Die RZB ist das Spitzeninstitut der österreichischen Raiffeisen-Bankengruppe und die drittgrößte Bank Österreichs. Die RZB erhöhte ihre Vermögen in den letzten 20 Jahren nicht zuletzt durch Expansion in Staaten östlich von Österreich auf das 10-Fache – 2008 war die Bilanzsumme fast 200.000 Mio. Euro. Die RZB bekam 2009 eine staatliche Geldspritze von 1,75 Mrd., trotz geplanter Fusion mit der „Osteuropa-Holding“ steht die Raiffeisen International vor dem Bankrott.

Wirtschaftskammer für Handel (Schwarzenbergplatz 14)
Wirtschaftskammerpräsident Leitl präsentiert u.a. gemeinsam mit Beatrix Karl im Mai 2010 die Broschüre “Bachelor Welcome“ die Firmen UNI-Bachelor-Absolvent*innen schmackhaft machen sollen. Eines der sog. “Best-Pratice“-Beispiele wird mit dem Titel „HUMAN-KAPITAL. Und das Mehrsprachig.“ angekündigt, und macht klar in welche Richtung das Ganze gehen soll…

Industriellenvereinigung IV (Schwarzenbergplatz 4)
Die Industriellenvereinigung ist die “freiwillige Interessensvertretung der österreichischen Industrie“. Die IV arbeitet eng mit dem Wissenschaftsministerium für Wissenschaft und Forschung zusammen und war die letzten Jahrzehnte maßgeblich bei den Umbauaktionen der Universitäten zu Wissensfabriksanstalten für Industrie und Wirtschaft beteiligt.

Rennweg

BAWAG (Rennweg 1)
2006 wurde bekannt, dass 1,44 Mrd. Euro von Vorständen der BAWAG veruntreut worden sind. Dies hatte unter anderem zur Folge, dass sich der österreichische Gewerkschaftsbund, der auch in der Affäre verwickelt war, mit 2 Mrd. Euro verschuldete.

Serbische Botschaft (Rennweg 3)
Anfang September 2009 nahm die serbische Polizei insgesamt sechs Aktivist*innen aus der libertären Bewegung der serbischen Hauptstadt Belgrad fest. Ihnen wurde u.a. vorgeworfen, mittels “Feuerwerkskörpern“ die griechische Botschaft beworfen zu haben. Während des Prozess wurde ihnen “internationaler Terrorismus“ vorgeworfen, der Sachschaden belauft sich auf 18 Euro, sie haben mit Haftstrafen zwischen 3 und 20 Jahren zu rechnen. Freiheit für die Belgrad 6! Weg mit allen 278/129-ähnlichen Paragraphen, die politisches Engagement kriminalisieren! NO PRSIONS – NO POLICE!

Nigerianische Botschaft (Rennweg 25)
Die nigerianische Botschaft ist immer wieder an den andauernden rassistischen Abschiebungen von in Österreich lebenden Menschen nach Nigeria beteiligt (bzw. von den österreichischen Behörden zur Beteiligung gezwungen). Sie kategorisieren u.a. oft Menschen mittels absurder Maßnahmen (bei Zeitdruck schon mal mit “Stimmenerkennung“ übers Telefon) als Nigerianer*innen, um deren Abschiebung nach Nigeria zu ermöglichen.

Santander Bank (Rennweg 27)
Die Banco Santaneder ist die größte Bank in der Eurozone. Sie beschäftigt mehr als 131.000 Arbeiter*innen, hat mehr als 67 Mio. Kunden*innen, über 2,6 Mio. Aktionär*innen und über 10.000 Zweigstellen in mehr als 40 Nationalstaaten. Im “ Finanzkrisenjahr“ 2009 verzeichnete die Bank das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte mit einem Gewinn von 9,5 Mrd. Euro.

Metternichgasse

Italienische Botschaft (Metternichgasse 13)
Die Regierung Italiens möchte in den nächsten drei Jahren 400.000 Staatsbedienstete feuern. Das Pensionsalter für Frauen soll auf das der Männer (65Jahre) angehoben werden. Die nächsten 2 Jahre sollen Kürzungen in der Höhe von 24 Milliarden Euro vor allem auf Kosten des Gesundheits- und Bildungssystems erfolgen.
Am 25.Juni hat der größte Gewerkschaftsverband Italiens zu einem Generalstreik aufgerufen.

Deutsche Botschaft (Metternichgasse 3)
80 Mrd. Euro sollen die nächsten 4 Jahre eingespart werden. 50.000 Menschen aus dem Staatsdienst sollen gefeuert werden. Vor allem im Sozialbereich soll auf Kosten Armer gespart werden. Hartz-IV-Betroffene bekommen kein Elterngeld mehr. Karenzgeld wird gekürzt. Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger*innen wird gekürzt. Opposition, Gewerkschaften und unabhängige politische Organisationen kündigen eine massive Protestwelle an.

Chinesische Botschaft (Metternichgasse 4)
Bei Honda hat ein selbstorganisierter Streik Anfang Juni vier Honda-Montagewerke zum Stillstand gebracht. Bei Foxconn, dem Computer- und Elektronikhersteller von Apple & Co. mit 800.000 Arbeiter*innen, brachten sich in diesem Jahr mittlerweile 11 Arbeiter*innen aufgrund der Arbeits- und Lebensbedingungen um. Viele sind aufgrund ihrer ökonomischen Situation vertraglich gezwungen, ihre gesamte Zeit in der Fabriks-Kleinstadt in Barackenwohnungen und Instant-Unterhaltungsstätten zu verbringen. Nach Protesten und Selbstmorden von Arbeiter*innen im Mai 2010 reagierte die Unternehmungsführung von Foxconn mit vertraglichem “Selbstmordverbot“ und einer geringfügigen Gehaltserhöhung.
Bei Honda wie auch bei Foxconn sind die Gehaltserhöhungen aber nur ein winziger Tropfen auf den heißen Stein – es wird geschätzt, dass in China nahezu die Hälfte aller Menschen unter der Armutsgrenze leben muss.

Selbstverständlich ist dies nur ein kleiner Auszug der Institutionen, die am derzeit herrschenden kapitalistischen Normalzustand beteiligt sind.
Die Regierungen in Griechenland, Spanien, Portugal, Großbritannien … planen ebenfalls Kürzungen, Einsparungen und Reformen die alle Bevölkerungsschichten betreffen werden… massive Proteste sind bereits angekündigt.

Anton-von-Webern-Platz 1

Sommerfest der Hochschule für Musik und darstellende Kunst

 Posted by on Mi., 9. Juni 2010 at 22:31