Okt 212017
 

Beitrag für den neuen Nachrichtenformat auf ORANGE 94.0 „Alternativer Nachrichtendienst ANDI“ am 20. Oktober:

Protestdemo am Tag der Nationalratswahl

Bereits eine Stunde nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen zur Nationalratswahl versammelten sich am Abend des 15. Oktober nach und nach mehr als 400 Menschen vor dem Parlament, um gegen eine Regierung mit der FPÖ zu protestieren. Nach 20 Uhr zogen die Demonstrant*innen zur FPÖ-Zentrale, zum Innenministerium, zum Bundeskanzleramt und schließlich zurück zum Parlament.
(O-Töne)

„Strache hetzt, Kurz schiebt ab, das ist das gleiche Rassist*innenpack“
„Donnerstagsdemo“ am 19. Oktober

Am Donnerstag, dem 19. Oktober, fand am Abend eine erste Donnerstagsdemo statt. Vorbild dafür waren die Donnerstagsdemos, die ab dem Feber 2000 wöchentlich gegen die damalige schwarzblaue Regierung durchgeführt wurden. Um 19 Uhr versammelten sich 160 Personen vor dem Parlament und zogen danach spontan, ohne vorherige Anzeige der Versammlung über Ring, Schottengasse und Herrengasse zuerst Richtung Innenministerium, schließlich wieder zurück zum Ring. Bei der Uni stürmte die Polizei plötzlich ohne Vorwarnung in die Demo und trieb die Anwesenden auseinander. Verletzt oder festgenommen wurde niemand. Das Vorgehen der Polizei verletzte dabei aber nach Auskunft einer Verfassungsjuristin das Versammlungsgesetz. Eine spontane Demonstration ist nicht unrechtmäßig, nur weil sie nicht fristgerecht angezeigt worden ist. Die Behörde hat die Möglichkeit, die Versammlung für aufgelöst zu erklären. Dann sind die Anwesenden verpflichtet, den Versammlungsort sogleich zu verlassen und auseinanderzugehen. Erst dann darf im Falle des Ungehorsams die Auflösung durch Anwendung von polizeilichen Zwangsmitteln in Vollzug gesetzt werden. Die Polizei hatte die Donnerstagsdemonstration aber zu keinem Zeitpunkt für aufgelöst erklärt.

Nachtrag:

Wir fragten dazu bei der Landespolizeidirektion Wien nach, bekamen die Antworten aber zu spät. um sie noch in die Sendung einbauen zu können (werden das nächste Woche nachholen):

Warum wurde um ca. 20:12 an der Ecke Universitätsring/Rathausplatz (Grillparzerstraße) von der Polizei in die Demonstration gestürmt und wurden die Anwesenden auseinandergetrieben?

Warum wurde die Versammlung nicht für aufgelöst erklärt, bevor die Auflösung durch Anwendung von Zwangsmitteln in Vollzug gesetzt wurde?

Wenn dieser Einsatz von Zwangsmitteln nicht entsprechend dem Versammlungsgesetz durchgeführt wurde: Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte der Einsatz?

Antwort der Pressestelle der LPD Wien:

1. Es gab keine angemeldete Versammlung.

2. Die unangemeldete Versammlung wurde zu keinem Zeitpunkt aufgelöst, gestürmt, auseinandergetrieben oder dgl.

3. Lediglich wurden Spitze und Ende der Versammlung durch Polizisten besetzt, um die eine unkontrollierte Ausbreitung zu verhindern, Verkehrsbehinderungen hintanzuhalten und die Sicherheit der Teilnehmer zu gewährleisten.

4. Es gab keine Anzeigen, keine Waffengebräuche und keine sonstigen Zwangsmittelanwendungen.

Es wäre empfehlenswert, die Quellen zu hinterfragen.

Bleibt von meiner Seite festzuhalten, dass meine „Quellen“ eigene Wahrnehmungen waren, und die Darstellung der LPD Wien meinen eigenen Wahrnehmung und allen Aussagen von Anwesenden, mit denen ich gesprochen habe, fast zur Gänze widerspricht. Dass die Versammlung nicht „angemeldet“ worden war und keine Waffengebräuche stattfanden, kann ich bestätigen. Dass es keine Anzeigen gab, freut mich.

 

Hetzer*innen nicht zu Minister*innen machen – E-Mail-Aktion von SOS Mitmensch

Am 16. Oktober startete SOS-Mitmensch eine E-Mail-Aktion. Unterstützer*innen können nach Eingabe von Namen und E-Mail-Adresse automatisiert Bundespräsident Van der Bellen, ÖVP-Obmann Kurz und SPÖ-Obmann Kern aufrufen, Rechtsextreme und Hetzer*innen nicht zu Minister*innen zu machen. Die Angeschriebenen werden aufgefordert, „ein klares Nein [zu sagen] zu einem Regierungspakt mit Parteien und Personen, die neonazinahe Kreise finanzieren und fördern“. Wer sich diesem Aufruf anschließen möchte, kann dies auf sosmitmensch.at machen.

Tag X

Für den Tag der Angelobung einer Regierung mit der FPÖ wird von unterschiedlichen Gruppen und Zusammenhängen der antifaschistischen radikalen Linken zu einem Tag X mit gemeinsamem, entschlossenem und lautstarkem Protest aufgerufen. Sie wollen es nicht hinnehmen, dass mit der FPÖ eine rechtsextreme, rassistische, völkische Partei die ohnehin unzumutbaren Zustände weiter verschlimmern will, schreiben sie. Dabei wollen die Antifaschist*innen an die Proteste vom 4. Feber 2000 anschließen. Damals mussten sich die neuen schwarzblauen Regierungsmitglieder bekanntlich auf unterirdischen Wegen zur Angelobung in die Präsidentschaftskanzlei begeben, da ein sicheres Überqueren des Ballhausplatzes aufgrund heftiger Proteste nicht mehr möglich war.

„Wenn wir unsere Werte wissen wollen gehen wir ins Labor!“
DaZ-Unterrichtende protestieren gegen Instrumentalisierung als Werte-Polizist*innen

Seit Oktober muss in Deutschkursen für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte sowie für rechtmäßig niedergelassene Drittstaatsangehörige ein vom Innenministerium erstellter Wertekatalog vermittelt werden. Dagegen protestierten heute Freitag, 20. Oktober, Unterrichtende von Deutsch als Zweitsprache. Sie erklärten, sich nicht als Sprach- und Wertepolizist*innen instrumentalisieren lassen zu wollen. Und sie erklärten ihre Solidarität mit allen Geflüchteten und Drittstaatsangehörigen. Die Kundgebung fand vor dem Euro Plaza in Wien-Meidling statt. Drinnen im Euro Plaza hielt der Österreichische Integrationsfonds gerade ein Symposium zu Werten im Sprachunterricht ab. (wird noch aktualisiert)

Verschärfungen des Fremdenrechts

Am 1. November treten weitere Verschärfungen des Fremdenrechts in Kraft, die noch unter der Regierung Kern beschlossen worden waren.
Das Netzwerk Border Crossing Spielberg fasste die wichtigsten Änderungen zusammen:
Wer im Zulassungsverfahren einen negativen Bescheid erhält und keine aufschiebende Wirkung zugestanden bekommt, verliert den Anspruch auf Grundversorgung. Diese kann nur gewährt werden, wenn abgelehnte Asylwerber*innen aktiv an der Außerlandesbringung mitwirken.
Abgewiesene Asylwerber*innen müssen sich künftig selbst um die Erlangung der für die Ausreise erforderlichen Dokumente kümmern. Tun sie das nicht, drohen Geldstrafen und Beugehaft.
Zudem können betroffene Personen leichter in Schubhaft genommen werden. Um Abschiebungen zu erleichtern, kann das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Unterkunft in bestimmten Bundesquartieren vorschreiben.


http://cba.fro.at/wp-content/uploads/andialternativernachrichtendienstvonorange940/20171020andiwien.mp3

 Posted by on Sa., 21. Oktober 2017 at 01:06