Jan 182011
 

Update:

Zwölf Personen dürften es nach Auskunft des Innenministeriums alleine aus Österreich gewesen sein, die bei der Frontex-Sammelabschiebung nach Nigeria in der Nacht von 19. auf den 20. Jänner dabei waren. Aus anderen Staaten kamen 34 weitere dazu.

Nach derzeitigen Informationen hob der Charterflug in Wien Schwechat in der Nacht auf den 20. Jänner um 1.00 Uhr ab.

Mit an Bord waren auch jene Personen, deren Schicksale in den letzten Tagen bekannt wurden:

Zum Beispiel wurde eine von Menschenhändler_innen in Österreich zu nicht freiwilliger Sexarbeit gezwungene 27-jährige Frau nach Nigeria abgeschoben. Sie hatte es nach Jahren der Ausbeutung und Peinigung gewagt, sich allen Drohungen zum Trotz hilfesuchend an die Polizei zu wenden. Die Behörden reagierten prompt – und schoben die Frau nach Nigeria ab. Ein Verfahren über humanitäres Bleiberecht bei der zuständigen Magistratsabteilung 35 ist im Laufen. Das Ergebnis wird die Frau nicht mehr erfahren, womöglich nicht mehr erleben. Die Fremdenpolizei wartete auf keine Entscheidung, die Frau flog in der Nacht auf den 20. Jänner einer ungewissen Zukunft entgegen und hat aufgrund der vor den österreichischen Behörden getätigten Aussagen das Schlimmste zu befürchten.

Ein Mittelfeldspieler und ein Stürmer des FC Sans Papiers, Tshika und Carlos, konnten sich am Mittwoch gerade noch telefonisch von Di-Tutu Bukasa, dem Obmann des Fußballklubs, verabschieden, als sie nach fast zehn Jahren Aufenthalt in Österreich Hals über Kopf zum Abschiebeflieger nach Nigeria gebracht wurden. Mittwoch wollte der Verein Purple Sheep Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung stellen. Kurz davor wurden die beiden in Schubhaft genommen. Der Antrag wurde von Purple Sheep in deren Abwesenheit dennoch gestellt. Auswirkung hat er keine mehr. Beide wurden nach Nigeria geflogen.

In einer Wohnung des Vereins Ute Bock im Meidlinger Kabelwerk konnte sich ein Mann im letzten Moment durch einen Sprung aus dem Fenster der polizeilichen Inschubhaftnahme entziehen. Er liegt nun mit Wirbelsäulenverletzungen im Krankenhaus. Die Fremdenpolizei ging aber nicht mit leeren Händen wieder fort, sondern nahm seinen Freund mit. Der wurde in der Nacht auf den 20. Jänner abgeschoben. Beide hatten österreichischen Rassismus schon einmal hautnah erleben dürfen, als 2008 das Flüchtlingsheim in Klagenfurt/Celovec, in dem sie wohnten, in Brand gesteckt worden war. Damals konnten sich beide durch einen Sprung aus dem Fenster retten, berichtete Bernhard Jenny. An den Folgen litten beide immer noch. Nun musste einer von ihnen nach Nigeria.

Vermutlich rund 25 weiteren Personen ereilte in dieser Nacht dasselbe Schicksal, Hunderten an anderen Tagen bei anderen Sammelabschiebungen.

Gegen diese und überhaupt alle Abschiebungen wurde Mittwoch am Abend nach mehreren über Twitter und ähnliche Kanäle kursierten Aufrufen in Wien demonstriert. Nur zirka 65 Personen waren gekommen. Als sie sich nach einer Kundgebung vor dem Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände auf die Fahrbahn begaben, erklärte die Polizei die Versammlung für aufgelöst, weil sie den Verkehr behindere. Nach weiteren zehn Minuten wurde die Demonstration Ecke Hörlgasse/Liechtensteinstraße eingekesselt. Mehr als eine Stunde dauerte es, bis die Polizei die Personalien aller Beteiligten und zufällig in den Kessel geratener Passant_innen aufgenommen hatte. Dazu wurden beide Straßen von der Polizei für den gesamten Verkehr gesperrt. Festgenommen wurde keine_r.

Fortsetzung folgt.

Weitere Informationen:

>>Infos von Purple Sheep auf Facebook

>>Presseaussendung von Gemeinderat Klaus Werner-Lobo

>>NEWS.at-Beitrag

>>https://wirbelwind.noblogs.org/

>>Infos auf Bernhard Jennys Blog

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Zur ursprünglichen Fassung dieses Textes hier weiterlesen:

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Demo gegen Abschiebungen: Mittwoch, 19. Jänner, 17 Uhr, PAZ Rossauer Lände

Wieder bloß ein Fall von vielen, der aber halt zumindest nicht ganz so unbemerkt bleibt wie hunderte andere:

Morgen sollte der Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt werden, heute kam die Polizei, und am 20. Jänner hebt der Flieger ab.
Wie Purple Sheep auf Facebook berichtete, nahm die Polizei die seit 2003 in Österreich lebende Person am Dienstag überraschend fest. Am 20. Jänner soll sie nach Nigeria abgeschoben werden. Selbst wenn der Niederlassungsantrag bereits gestellt worden wäre, könnte die Abschiebung erfolgen. Dennoch werde Karin Klaric versuchen rechtliche Schritte zu setzen.
Purple Sheep bittet auf Facebook, E-Mails ans Innenministerium, Bundeskanzleramt, an den Bundespräsidenten und was sonst noch einfällt zu schicken, mit ungefähr dem Inhalt: „Schieben Sie am 20.01. keine unbescholtenen, gut integrierten Menschen ab, deren Asylverfahren jahrelang gedauert haben! Wir wollen KEINE Abschiebung von FREUNDEN!“
Mehr Informationen liegen noch nicht vor.

Infos auf Facebook:
http://www.facebook.com/profile.php?id=100001549793205

Nachtrag:

Auf >>https://wirbelwind.noblogs.org/ wird weiters von der Inschubhaftnahme eines Mitglieds des FC Sans Papiers berichtet. Ein weiterer Asylwerber habe laut >>derstandard.at versucht, vor der Polizei durch einen Sprung aus dem Fenster zu fliehen und sei dabei schwer verletzt worden.

Nachtrag 2:

Von der geplanten Abschiebung einer von Frauenhandel Betroffenen berichten Corinna Milborn und Klaus Werner-Lobo. Die junge Frau sei in Wien zur Prostituion gezwungen und jahrelang ausgebeutet worden. Trotz Drohungen seitens der Menschenhändler habe sie sich entschlossen, eine Aussage bei den österreichischen Behörden zu machen. Das Resultat ihres Mutes sei, dass sie nun nach Nigeria abgeschoben werden soll, wo ihr wegen ihrer Aussage vor den österreichischen Behörden schwere Repressalien drohen, erklärte der Grüne Gemeinderat Klaus Werner-Lobo über
>>APA-OTS

Wie „Wirbelwind“ betont, deutet all dies auf eine bevorstehende Massenabschiebung hin, weshalb in jenem Blog zu dezentralen Aktionen sowie einer Demonstration vor dem PAZ Rossauer Lände aufgerufen wird: Mi. 19. Jänner: Rossauer Lände, Wien 9.

 Posted by on Di., 18. Januar 2011 at 15:21