Sep 142009
 

Gaganpreet Singh K. (20) ist am 14. September in der Früh nach 38 Tagen Hungerstreik in der Schubhaft gestorben. Am Abend protestierten rund 120 Personen gegen die tödliche Schubhaftpraxis in Österreich. Für Dienstag ist eine weitere Kundgebung angekündigt.

Früher hätten Schubhäftlinge nach 30 Tagen Hungerstreik auf Freilassung hoffen können, kommentiert Michel Genner von „Asyl in Not“ und beklagt: „Fekter hat die Schraube weiter gedreht. Selbst nach einem Monat Hungern gibt es keine Gnade.“ Der Amtsarzt habe K. noch gestern Haftfähigkeit beschienen. „So ein Amtsarzt hat offenbar seinen Beruf verfehlt.“, so Genner im ZIP-FM-Interview.

>>AUDIO: Interview mit Michael Genner

An einer Spontankundgebung vor dem Polizeilichen Anhaltezentrum in der Hernalser Hauptstraße nahmen am Montagabend rund 120 Personen teil. Nachdem WEGA-Truppen auffuhren, zogen die Demonstrant_innen zum Yppenplatz, wo sich einige Sympathisierende anschlossen. Danach gab es noch eine Runde zum PAZ und zurück zum Brunnenmarkt. Um 20 Uhr löste sich die Demonstration auf.
Am 15. September folgten 170 Personen einem Aufruf von Grünen und „Asyl in Not“ zu einer Gedenkkundgebung vor dem PAZ.

>>AUDIO: Mitschnitt der Gedenkkundgebung am 15. September (leider maßlos übersteuert).

Aussendungen von Asyl in Not, SOS-Mitmensch, WIK u.a. zum Tod von Gaganpreet Singh K.:

Aussendung von Asyl in Not:

Fekter muß gehen.
Ihr Gesetz darf nicht beschlossen werden.

Der 20jährige Inder Gagenpret Singh ist heute in der Schubhaft gestorben. Er war seit über einem Monat, seit 7. August, im Hungerstreik. Der Amtsarzt hatte erst gestern seine weitere „Haftfähigkeit“ festgestellt.

Polizeiministerin Fekter äußert ihr „Bedauern“ und legt zugleich einen Gesetzentwurf vor, der eine massive Ausweitung der Schubhaft mit sich bringen soll.

Schubhaft ist Haft ohne Delikt, ohne Urteil, ohne irgend einen anderen Sinn als unter den Flüchtlingen Schrecken zu verbreiten.

Menschen, die über einen Monat im Hungerstreik bleiben, müssen sehr verzweifelt sein. Das Leid, das sie durch Hunger erdulden, erscheint ihnen immer noch geringer als grundlos der Freiheit beraubt und von Abschiebung bedroht zu sein.

Ich habe viele Flüchtlinge gekannt, die im Hungerstreik waren. Nach rund 30 Tagen, so konnte man einmal hoffen, hatten sie genug gelitten und wurden freigelassen.

Ich erinnere mich an einen jungen Iraner, er hatte eine Magenblutung, seine Gesundheit war zerrüttet, aber – er kam frei. Im Iran war er im Gefängnis gefoltert worden; er hätte es vorgezogen, zu Tode zu hungern als dorthin zurückzukehren. Nach langem Verfahren erhielt er in Österreich Asyl.

Ich erinnere mich an einen jungen Mann aus dem Kongo, er war völlig abgemagert, als ich ihn im Gefängnis besuchte, hatte seit Wochen die Kleider nicht gewechselt; auch ihn vertraten wir erfolgreich, auch er kam nach Hungerstreik frei und wurde schließlich als Flüchtling anerkannt.

Auch damals herrschte Unrecht in Österreich. Aber Fekter hat die Schraube weiter gedreht. Selbst nach einem Monat Hungern gibt es keine Gnade. „Haftfähig“, schreibt Fekters Doktor.
Haft bis in den Tod.

Asyl in Not verlangt den Rücktritt der Ministerin Fekter.
Wir verlangen, daß ihr Gesetzentwurf zurückgezogen wird.
Wir fordern die Abschaffung der Schubhaft und aller Sondergesetze gegen „Fremde“.

Wir unterstützen den Aufruf der Wiener Grünen:
Dienstag 15. September, 17 Uhr,
Gedenkkundgebung für Gaganpret Singh K.
vor dem Schubgefängnis in Wien 8., Hernalser Gürtel 8-12.

Vorankündigung:

Dienstag 20. Oktober 2009, 18 Uhr
Kundgebung gegen Fekter und ihr Gesetz,
vor dem Innenministerium, Minoritenplatz, 1010 Wien.

Michael Genner,
Obmann von Asyl in Not

http://asyl-in-not.org/

Aussendung von SOS-Mitmensch:

In der Nacht auf heute, Montag verstarb im Polizeianhaltegefängnis der indische Schubhäftling Gaganpreet Singh K.. Das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel steht immer wieder im Mittelpunkt der Kritik am österreichischen Schubhaftwesen.

Nach dem Tod des indischen Schubhäftlings Gaganpreet Singh K. kritisiert SOS Mitmensch die „tödliche Härte des österreichischen Schubhaftwesens“. Sprecher Philipp Sonderegger: „Innenministerium und die ÖVP/SPÖ-Koalition ignorieren seit Jahren die Warnungen von internationalen und nationalen Menschenrechtseinrichtungen. Stattdessen wird halbjährlich das Fremdenrecht noch weiter verschärft. ÖVP und SPÖ wollen heute auf der Regierungsklausur ein Gesetz verabschieden, das noch mehr Menschen in Schubhaft bringt.“

Im aktuellen Bericht der Europaratskommission gegen Rassismus und Intoleranz wird das österreichische Schubhaftwesen als „gänzlich inakzeptabel“ bezeichnet. Aber auch der Menschenrechtsbeirat im Innenministerium kritisiert die Schubhaft regelmässig.

http://sos-mitmensch.at/

Aussendung der Wiener Integrationskonferenz:

Wiener Integrationskonferenz-Vernetzungsbüro fordert

Rücktritt der Innenministerin Fekter – jeder Tote ist zu viel

Wieder ist ein schutzsuchender Asylwerber in den Händen der Exekutive
gestorben. Der Tod des indischen Schubhäftlings Gaganpreet Singh K.,
erinnert an Yankuba Ceesay, der am 4. Oktober 2005 in der Linzer
Schubhaft nach tagelangem Hungerstreik auch gestorben ist. „Das ist eine
Schande für Österreich. Asyl ist ein Menschenrecht. In der Schubhaft
sitzen keine Kriminelle sondern Menschen, die geflohen sind mit der
Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben.“ so Damien Agbogbe, Obmann der
Wiener Integrationskonferenz.
„In jedem anderen Land gibt es Politisch-Verantwortliche, die auch die
Konsequenzen ihrer Politik tragen. Leider ist es in Österreich trotz
etlicher Todesfälle von Schubhäftlingen mit Beteiligung der Exekutive zu
keiner politischen Veränderungen gekommen. Innenministerin Fekter trägt
mit ihrer scharfen Asylpolitik viel zur negativen Stimmung dieses Landes
bei.“ setzt Agbogbe fort.

Die Wiener Integrationskonferenz fordert den sofortigen Rücktritt der
Innenministerin Fekter und keine Verschärfung der Asylgesetze. Asyl ist
ein Menschenrecht!

Rückfragehinweis:
MMag. Damien Agbogbe
Obmann der Wiener Integrationskonferenz

 Posted by on Mo., 14. September 2009 at 14:53